Niederbayern:Landrat schätzt Schaden durch Flutwelle auf mehr als eine Milliarde

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  • Die Flutwelle in Niederbayern hat nach einer neuen Schätzung einen Schaden von mehr als einer Milliarde Euro verursacht.
  • Ministerpräsident Seehofer zeigte sich bei seinem Besuch in Simbach, das am stärksten getroffen wurde, erschüttert vom Ausmaß der Zerstörung.
  • Bei der Katastrophe am Mittwoch sind sieben Menschen ums Leben gekommen, mehr als 5000 Haushalte sind vom Hochwasser betroffen - und noch immer drohen Unwetter in vielen Teilen Bayerns.

Von Rudolf Neumaier, Simbach

Eine Summe nannte Horst Seehofer noch nicht, aber so viel ist sicher: Die Simbacher und alle anderen Opfer der Flutkatastrophe im Landkreis Rottal-Inn können mit einer staatlichen Hilfeleistung rechnen, wie sie im Jahr 2013 beim Hochwasser in Deggendorf gezahlt wurde.

Bei einem Besuch in Simbach am Inn gab der bayerische Ministerpräsident seinen Ministern Ulrike Scharf und Helmut Brunner vor laufenden Kameras den Auftrag, bis Dienstag eine Beschlussvorlage für das Kabinett zu erarbeiten, um den Betroffenen schnell, unbürokratisch und ausreichend zu helfen. Die Katastrophe habe Ausmaße, wie er es "persönlich nicht für möglich gehalten hätte". Nicht einmal Fernsehbilder könnten das Drama vermitteln, das sich in Simbach und den umliegenden Gemeinden zugetragen habe.

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Erst informierte sich Seehofer am Samstag bei den Kommunalpolitikern der Region, dann besichtigte er einige Straßenzüge in der Simbacher Altstadt. Der Rottaler Landrat Michael Fahmüller berichtete von einem "Tsunami", der ein Drittel seines Landkreises heimgesucht habe. Sieben Menschen starben. 5000 Haushalte seien betroffen, etwa 1000 davon seien in ihrer Existentz bedroht. Die Zahl der beschädigten Häuser sei noch nicht abzuschätzen. Daher bezeichnete Fahmüller die geschätzte Gesamtschadenshöhe von mehr als einer Milliarde Euro als vorläufig.

"Wir helfen euch wesentlich stärker als wir es bisher getan haben", versprach Horst Seehofer einer Gruppe von schlammverschmierten Helfern, die bei ihren Aufräumarbeiten innehielten, als der Ministerpräsident in einem Pulk von fast einem Dutzend Kamerateams an ihrem Haus vorbeikam. Im Vergleich zum verheerenden Hochwasser vor drei Jahren - ebenfalls in Niederbayern - hält er die Simbacher Katastrophe für noch dramatischer.

"Die Dimensionen von Tempo und Hoffnungslosigkeit" hätten eine andere Qualität angenommen. Er führte die Ereignisse auf den Klimawandel zurück. "Wir müssen heute mit Ausnahmezuständen rechnen, die sich in kürzeren Abständen mit noch größerer Dramatik wiederholen können. Und es kann jeden treffen."

Dieses Unwetter habe sich glücklicherweise tagsüber ereignet. "Wenn es die Menschen zu nächtlicher Stunde im Schlaf überrascht hätte" - an dieser Stelle stockte er. Was dann passiert wäre, "das möchte ich nicht aussprechen". Er meinte damit: Dann wären wohl mehrere hundert Tote zu beklagen gewesen.

Am Samstagmittag kam es rund um Simbach zu einem Verkehrschaos. Die zahlreichen freiwilligen Helfer, die in die Stadt fahren wollten, verursachten Staus. "Gegenwärtig werden keine Helfer mehr benötigt", meldeten Landratsamt und Polizei. Bürgermeister Klaus Schmid versicherte aber, dass auch in den nächsten Tagen und Monaten jede Unterstützung willkommen sei. "Wir sind froh, wenn auch in 14 Tagen und drei Wochen noch Leute kommen."

Auf das Angebot der Südostbayernbahn, kostenlos zum Schaufeln nach Simbach zu fahren, gingen nach Schätzungen zugreisender Helfer viel zu wenige Freiwillige ein. Die Kapazitäten der Züge seien nicht einmal zu einem Fünftel ausgeschöpft worden, berichtete ein Mann aus Töging am Inn. "Das ist schade, da blieb Manpower auf der Straße liegen. Leute, fahrt mit dem Zug!"

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