Neues Verbotsverfahren:Bayern will die NPD verbieten lassen

Die CSU plant einen erneuten Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren. Innenminister Herrmann setzt dabei auf die Hilfe der SPD-regierten Länder.

Annette Ramelsberger

Die CSU will einen neuen Versuch starten, die rechtsextremistische NPD verbieten zu lassen, und dafür bis zum kommenden Sommer eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vorbereiten. Das kündigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung an.

Die CSU schert damit aus der Phalanx der unionsregierten Länder aus, die bisher einen erneuten Anlauf für ein Verbotsverfahren ablehnen. Bayern geht damit auch auf Konfrontationskurs zu Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der ein zweites Verfahren gegen die NPD für nicht aussichtsreich hält und entsprechende Pläne der SPD-Innenminister im Mai als "unseriös" kritisiert hatte.

Herrmann betonte, er wolle "mit allen guten Willens" zusammenarbeiten und nannte ausdrücklich die SPD-Innenminister aus den Ländern. Notfalls werde Bayern auch mit Schäuble "eine klare Debatte" führen. Herrmann beruft sich auf die volle Rückendeckung des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer.

Die CSU treibt ein noch für diesen Herbst erwartetes Urteil des Bundesverfassungsgerichts um, worin sich die Richter vermutlich grundsätzlich dazu äußern werden, wie stark eine Partei durch das 2005 vom Bundestag verschärfte Versammlungsrecht beschränkt werden darf. Sollte Karlsruhe hier die Grenzen weit ziehen, dann könnte die NPD, so die Befürchtung, noch öfter aufmarschieren und sich noch sicherer fühlen.

Die SPD-Innenminister hatten bereits im Frühjahr vor einer steigenden Gewaltbereitschaft in den Reihen der NPD gewarnt und in einer 90-seitigen Dokumentation die antisemitische und antidemokratische Haltung in der Partei belegt. Dort wurde etwa der NPD-Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pas-törs, zitiert: "Ein Jude (...) kann kein Deutscher im Sinne der Volkszugehörigkeit sein."

Im Jahr 2003 war ein erster Versuch eines NPD-Verbots in Karlsruhe gescheitert - das Gericht hatte die hohe Zahl von V-Leuten des Verfassungsschutzes in der Partei kritisiert; es sei darum nicht mehr klar, was von der Partei selbst komme und was von den V-Leuten gesteuert sei. Um diesen Vorbehalten des Gerichts entgegenzutreten, sind mehrere SPD-Länder sogar bereit, ihre V-Leute aus der NPD abzuziehen. Das lehnt Bayern aber ab. Herrmann betonte, die Hürden für ein Verbotsverfahren könnten vom Verfassungsgericht nicht so hoch gelegt werden, dass sie unüberwindlich seien. "Wenn wir die NPD so lange machen lassen, bis die Bundesrepublik in Gefahr ist, dann haben wir den richtigen Zeitpunkt für ein Verbot verpasst. Dann bringen wir unsere Republik in Gefahr."

Herrmann sagte, die Situation habe sich seit 2003 geändert. Er verwies auf den Fall eines NPD-Funktionärs, der vor zwei Wochen im baden-württembergischen Lörrach festgenommen worden war, weil er Sprengstoff gehortet und offenbar einen Anschlag geplant hatte. In Bayern habe ein NPD-Kreisvorsitzender einen Brasilianer überfallen. In Thüringen bedrohe die NPD-Spitze den dortigen dunkelhäutigen Integrationsbeauftragten. "Solche Dinge bestimmen den Alltag der NPD", sagte Herrmann. "Gewalt wird von der Partei wohlwollend geduldet. Ob da ein V-Mann im Vorstand sitzt, das interessiert doch einen Bombenbauer wie in Lörrach nicht."

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