Neuer Schulterschluss:Kategorisches Nein zu Stromtrassen

Bürgerinitiativen und Naturschützer für dezentrale Energieversorgung

In der Sache waren sich der Bund Naturschutz (BN) und die vielen Bürgerinitiativen gegen den Bau neuer Stromautobahnen im Land schon immer einig. Jetzt haben sie offiziell die Reihen geschlossen. In einer gemeinsamen Erklärung lehnen der Umweltverband und die Aktionsbündnisse den Bau neuer Höchstspannungsleitungen in den Freistaat kategorisch ab. Stattdessen fordern sie den Ausbau einer dezentralen Energieversorgung. "Mit unserem Schulterschluss wollen wir Ministerpräsident Horst Seehofer Rückendeckung für die bevorstehenden Verhandlungen mit dem Bund geben", sagt BN-Chef Hubert Weiger. "Es darf nicht sein, dass die neuen Starkstromleitungen errichtet werden, damit in Zukunft extrem umweltschädlicher Kohlestrom aus Norddeutschland nach Bayern fließen kann, obwohl es hier keinen Bedarf für ihn gibt."

Die Überzeugung, dass die Energiewende nicht ohne den Bau der sogenannten Süd-Link-Trasse und der Gleichstrompassage Süd-Ost gelingen wird, weisen der BN und die Bürgerinitiativen als "Märchen" zurück. Zum einen würden mit dem bereits laufenden Bau der Thüringer Strombrücke die Leitungskapazitäten von Bayern nach Norddeutschland "schlichtweg verdoppelt", sagt Weiger. Zum anderen werde nach der bevorstehenden Abschaltung des Atomkraftwerk Grafenrheinfeld "jede Menge Leitungskapazität" frei. "Dann verschwindet auf einen Schlag sehr viel Atomstrom vom Markt und macht in den Netzen Platz für regenerative Energien", sagt Weiger. Vorrangige Aufgabe müsse deshalb nun sein, ein Konzept für die dezentrale Energieversorgung von ganz Deutschland zu entwickeln. Dieses Konzept könne dann die Basis für einen neuen, realistischen Netzentwicklungsplan sein, erklären der Umweltverband und die Bürgerinitiativen in ihrem gemeinsamen Positionspapier.

Der Streit um die beiden neuen Stromautobahnen dürfte aber nicht nur wegen des neuen Schulterschlusses erneut hochkochen. Auf einem Informationstag an diesem Dienstag in München präsentiert die Bundesnetzagentur die Pläne für die neuen Trassen. Es wird erwartet, dass Netzagentur-Chef Jochen Homann die ablehnende Haltung des Freistaats scharf kritisieren wird. Am Donnerstag steht der Netzausbau dann auf der Tagesordnung des Berliner Koalitionsausschusses.

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