Neuer Rundfunkbeitrag:Einfach für alle, teuer für Chefs

Wer wie viele Fernseher oder Radios hat - das spielt keine Rolle mehr: Die GEZ erhebt künftig Pauschalen. Für die meisten Bürger ändert sich dann nur wenig, doch auf Unternehmer kommen erhebliche Mehrkosten zu. Auch wenn sie in der Firma gar kein Radio haben.

Ralf Scharnitzky

Bisher zahlt er 830 Euro im Jahr, künftig sollen ihm 14.900 Euro abgebucht werden. Der bayerische Einzelhändler führt ein Unternehmen mit 41 Filialen. Ein anderes Beispiel: Der kleine Mittelständler mit einer Betriebsstätte zahlt bisher 354,60 Euro im Jahr, künftig sind's 1779,24.

Radiosammler im Muensterland

Selbst wenn man die Autoradios aus den Firmenfahrzeugen ausbaut, nutzt es nicht: Der neue Rundfunkbeitrag, der von Beginn nächsten Jahres an fällig wird, richtet sich nicht mehr nach der Zahl der Geräte.

(Foto: dapd)

Schuld sind nicht irgendwelche Wirren der Finanzkrise, sondern die GEZ. Die nämlich erhebt künftig Pauschalen fürs Fernsehen und Radiohören, die zu einer massiven Verärgerung in der Wirtschaft führen. Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern: "Seit der Diskussion über die Ladenöffnungszeiten hat kein Thema die Branche mehr so bewegt, wie die neuen Gebühren."

Wer wie viele Geräte und welche zu welchem Zweck bereithält - das spielt zukünftig keine Rolle mehr. Auf diesen kurzen Nenner lässt sich die von allen Landtagen abgesegnete Neuordnung zum 1. Januar 2013 bringen. "Einfach für Alle" nennen die Öffentlich-Rechtlichen die Umstellung von der geräteabhängigen auf die gerateunabhängigen Finanzierung. Der Südwestrundfunk, der die Info-Seite www.rundfunkbeitrag.de betreibt, nennt den neuen Rundfunkbeitrag einfach und gerecht: "Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Institutionen und Einrichtungen des Gemeinwohls beteiligen sich gemeinsam an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks."

Während sich für die meisten Bürger nur wenig ändert - eine Wohnung, ein Beitrag - bringt die Umstellung für Unternehmer, Handwerker und Hoteliers massive Änderungen - und erhebliche Zusatzkosten. Ohlmann: "Die Unternehmen müssen zahlen, um die Kassen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu füllen. Die sollten lieber mal schauen, wo sie selber sparen können."

Beim Handelsverband (HBE), bei den Handwerkskammern (HWK) und bei der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW) laufen jetzt die ersten Beschwerden ein. HBE-Mann Ohlmann: "Die Leute sind richtig verärgert und wütend." Denn derzeit verschickt die Gebühreneinzugszentrale GEZ die Fragebögen an die Firmen. Die Höhe des Beitrags richtet sich künftig nämlich nach der Zahl der Betriebsstätten, der Beschäftigten und der Firmenfahrzeuge.

Das hat teilweise kuriose Folgen: Ein kleines Unternehmen betreibt zwei Autoradios - und zahlt dafür jetzt 35,94 im Quartal. Künftig zahlt der Firmenchef 125,85 Euro - für weiterhin zwei Autoradios. Denn nun zahlt er auch eine Pauschale für die Betriebsstätte und die dort arbeitenden Mitarbeiter - obwohl es dort kein Radio gibt. Denn: Selbst wenn in den Filialen weder Radio noch Fernseher stehen - es muss gezahlt werden.

Selbst wenn der Firmenwagen kein Radio hat - es muss gezahlt werden. "Viele kleine Bauunternehmen haben aus ihren Transportern die Radios ausgebaut. Künftig müssen sie trotzdem zahlen", weiß Andreas Wagnitz von der Handwerkskammer.

Der Rechtsexperte rechnet übrigens damit, dass die Protestwelle erst in ein paar Wochen richtige losbrechen wird. Dann wenn die Gebührenbescheide verschickt werden. Da werde vielen Chefs wohl erst richtig bewusst, wie ihre Kosten steigen würden. "Im Moment erhalten die Firmen ja nur den Fragebogen. Und können sich die Kosten so ungefähr am PC selbst errechnen."

Den Fragebogen müssen die Firmen übrigens ausfüllen. HBE-Sprecher Ohlmann: "Die Betriebe sind verpflichtet Angaben zu machen. Eine Weigerung ist eine Ordnungswidrigkeit."

Die bayerische Wirtschaftsvereinigung führt zurzeit eine Unternehmensumfrage zu den Kostenbelastungen durch die neue Regelung durch. VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossart, der die Umstellung grundsätzlich begrüßt, sagt: "Das neue Vertragswerk führt aber dazu, dass der Beitrag der Wirtschaft zur Finanzierung des Systems massiv steigt."

Neben den steigenden Kosten für Betriebe, die die Medien nutzen, werden auch Betriebe zur Kasse gebeten, die in ihren Gebäuden und Fahrzeugen gar keine TV- und Radioempfänger oder Computer aufgestellt haben.

Auch unter den einzelnen Unternehmen gibt es Ungerechtigkeiten: Betriebe mit vielen Filialen stehen schlechter da als Betriebe mit wenigen Außenstellen, aber gleichviel Mitarbeitern. Bayerns Wirtschaft kann die Änderungen zu Lasten der Wirtschaft nicht nachvollziehen.

Die Verbände wollen sich deshalb nachdrücklich für Änderungen einsetzen, "damit die übermäßige zusätzliche Belastung für die bayerische Wirtschaft korrigiert wird", verspricht Brossardt. Gelegenheit dazu besteht nach Ansicht von HWK-Rechtsexperte Wagnitz nach einer kurzen Laufzeit des neuen Modells: Dann soll über den 15. Rundfunksänderungstaatsvertrag, wie die neue Regelung amtlich heißt, und dessen Umsetzung nochmals diskutiert werden: "Und da werden wir unsere Meinung erneut deutlich machen."

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