Neuer Posten für Edmund Stoiber:Und jetzt Europa

Nach seinem Rücktritt wird Edmund Stoiber die EU-Kommission beim Abbau von Bürokratie beraten. "Man könnte keinen Besseren finden", heißt es aus der CSU. Andere sind da skeptischer.

Katja Auer und Kassian Stroh

Eigentlich gab es fast kein Amt mehr, mit dem Edmund Stoiber in den vergangenen Wochen nicht in Verbindung gebracht worden wäre für die Zeit nach seinem Rücktritt als Ministerpräsident. Vorsitzender irgendeines Sportverbandes, Organisator der Münchner Sicherheitskonferenz, Chef des europäischen Zusammenschlusses der konservativen Parteien oder vielleicht auch der Hanns-Seidel-Stiftung, die man gemeinhin als "CSU-nah" bezeichnet.

Stoiber Europa, dpa

Gegen die EU-Bürokratie hat er oft gewettert. Wird er sie erfolgreich bekämpfen können?

(Foto: Foto: dpa)

Auch als Bundespräsident wurde er gehandelt. Witzbolde empfahlen Stoiber gar den im Frühjahr frei werdenden Posten des Fürther Landrats - als Nachfolger seiner Kritikerin Gabriele Pauli. Hin und her überlegte die CSU, wo sie ihren scheidenden Chef unterbringen könnte.

Umso größer die Überraschung und die Erleichterung am Donnerstag, als durchsickerte, dass Stoiber einen Job in Brüssel bekommen soll. Wie die SZ erfuhr, soll er Vorsitzender einer "hochrangigen Gruppe" werden, die die EU-Kommission beim Bürokratieabbau berät. Ein reines Ehrenamt, wie ein von dem Vorgang Wissender eilfertig versicherte.

"Man könnte keinen Besseren finden", sagte ein CSU-Mann, der sich - Personalia sind heikel - nicht namentlich zitiert sehen wollte. Offen freute sich der Sprecher der CSU-Europaabgeordneten, Markus Ferber: "Das ist eine super Geschichte.'' Stoiber sei "prädestiniert'' für das Amt, da er aus der Regierung eines erfolgreichen Bundeslandes komme, zugleich aber immer daran gelitten habe, dass Brüsseler Vorgaben die Handlungsmöglichkeiten einschränkten.

"In Brüssel fehlt Vollzugserfahrung'', klagte Ferber. "Die Kommission kennt immer nur die Theorie." Auch der designierte Ministerpräsident Günther Beckstein begrüßte Stoibers mögliches Engagement in Brüssel. "Wenn das so käme, wäre das aus meiner Sicht außerordentlich positiv, weil Entbürokratisierung ein zentrales Anliegen Bayerns ist", sagte er.

"Wir haben immer wieder festgestellt: Sobald wir in Bayern eine Vorschrift streichen, kommen fünf neue aus Brüssel hinzu. Wenn Edmund Stoiber dafür sorgen könnte, dass die Entbürokratisierung in Brüssel vorangetrieben wird, wäre das für die Europäische Union und vor allem für Bayern eine riesige Chance."

Tatsächlich versucht die Staatsregierung seit einiger Zeit, durch Kontakte zur Brüsseler Kommission unnötige Bürokratie zu vermeiden. Noch bevor die EU ein Gesetz auf den Weg bringt, bietet ihr der Freistaat an, die Auswirkungen einer Neuregelung von seinen Beamten untersuchen zu lassen. In seinem neuen Job könne Stoiber also "verwirklichen, was er immer kritisiert hat", sagt einer aus der CSU-Spitze. Ob ihm das dann auch gelingt - seine Entbürokratisierungstruppe hat ja keine Gesetzgebungskompetenz -, müsse sich aber erst noch weisen.

In Bayern hat Stoiber den Bürokratieabbau stets zur zentralen Aufgabe erklärt. Doch Kritiker bemängeln seine Leistungsbilanz: Mit Stoiber habe die Kommission jemanden gefunden, "der viel von Bürokratieabbau redet, aber selbst nichts dafür getan hat", sagte am Donnerstag die Grünen-Landesvorsitzende Theresa Schopper. Was nicht nur die Opposition geißelt: Im Jahr 2003 legte eine Kommission unter dem Ex-McKinsey-Chefs Herbert Henzler einen 250-Seiten-Bericht über Entbürokratisierung vor. Doch die Empfehlungen wurden bei weitem nicht alle umgesetzt.

Amüsement und Skepsis

Für die CSU am schönsten: Stoibers Berufung könnte in der derzeitigen angespannten Lage für etwas Befriedung sorgen. Viele fürchten, dass sich der scheidende Ministerpräsident nicht mit dem Ruhestand abfinden und stets in die Geschäfte seiner Nachfolger einmischen werde.

Das ließe sich vermeiden, wäre Stoiber in Brüssel gut beschäftigt. Andererseits müsse man abwarten, hieß es aus dem CSU-Präsidium, wie stark Stoiber der neue Job auslaste. Die Opposition reagierte mit einer Mischung aus Amüsement und Skepsis. "Na, da wird ja eine Herde von Amtsschimmeln zusammengetrieben'', sagte Schopper. SPD-Fraktionschef Franz Maget wünschte Stoiber viel Erfolg - fügte aber an: "Ich hoffe, dass ihm das besser gelingt als die verkorkste Verwaltungsreform in Bayern."

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