Neue Köpfe in Bayerns Kabinett (3):Pragmatischer Senkrechtstarter

Marcel Huber ist zwar erst seit 2001 in der CSU und ein Neuling im Landtag. Das hat Ministerpräsident Beckstein aber nicht daran gehindert, den 49-Jährigen zum Staatssekretär im Umweltministerium zu machen.

Birgit Kruse

Marcel Hubers neues Büro im Umweltministerium wirkt noch etwas karg. In den Bücherregalen des neuen Staatssekretärs steht noch kein einziges Buch. Und das abstrakte Gemälde, das sein Vorgänger Otmar Bernhard an der Wand hinter dem großen Holzschreibtisch hängen hatte, ließ Huber entfernen- ohne jedoch für Ersatz zu sorgen. Er habe dafür noch keine Zeit gehabt. Aber das sei nicht weiter schlimm. Er sehe die Wand ja nicht, wenn er arbeite, sagt er. Ganz der bescheidene Pragmatiker.

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Marcel Huber: Vor seiner Blitzkarriere in der CSU hat der 49-Jährige als Tierartz gearbeitet.

(Foto: Foto: dpa)

Indes müsste Marcel Huber überhaupt nicht so bescheiden sein. Denn der Oberbayer hat innerhalb der CSU eine Blitzkarriere hingelegt, wie man sie bei den Christsozialen selten sieht. Huber ist erst 2001 in die CSU eingetreten. Zuvor hat er als Tierarzt gearbeitet, unter anderem beim Tiergesundheitsdienst und später als Leiter des bayerischen Schweinegesundheitsdienstes.

Ohne kommunalpolitische Rückendeckung ist es dem Familienvater bereits 2003 gelungen, in den Landtag gewählt zu werden. Die meisten CSU-Abgeordneten haben die klassische Parteikarriere hinter sich: Mitgliedschaft in der Jungen Union, Arbeit auf Kreis- und Bezirksebene der Jugendorganisation, kommunalpolitisches Engagement und irgendwann ein Listenplatz für das Parlament.

Doch Hubers längste Mitgliedschaft in einer Vereinigung ist die bei der Freiwilligen Feuerwehr Ampfing. Mit Parteiarbeit hatte der passionierte Kontrabassist bis zu seinem Parteieintritt nichts am Hut.

Seiner Popularität im Landtag hat der Quereinstieg aber keinen Abbruch getan. Im Gegenteil: Huber ist es in Rekordzeit gelungen, sich einen Namen zu machen. Kollegen beschreiben ihn als ruhigen, hilfsbereiten und kollegialen Typen, der im Umweltausschuss und im Ausschuss für den Öffentlichen Dienst rasch durch seine Fachkompetenz überzeugen konnte. Die CSU-Fraktion scheint ihm seine Blitzkarriere zu gönnen.

Als Ministerpräsident Beckstein im Oktober der Fraktion sein Kabinett vorgestellt hat, sei die Zustimmung für Huber sehr groß gewesen, erinnert sich ein Kabinettsmitglied, - höher als bei manch anderen.

Denn Becksteins Kabinett hatte bei vielen für verständnisloses Kopfschütteln gesorgt, auch bei CSU-Abgeordneten. Zwar hatte die Fraktion von ihm eine deutliche Verjüngung des Ministerrates gefordert - bei Stoibers Mannschaft betrug das Durchschnittsalter zuletzt 59 Jahre.

Doch dass Beckstein Abgeordnete ins Kabinett beruft, die erst seit den Wahlen 2003 im Landtag sitzen, zum Teil kaum politische Erfahrung haben, geschweige den Vorsitz eines Ausschusses geführt haben, das hat vielen sauer aufgestoßen.

Alles Vorwürfe, die eigentlich auch auf Marcel Huber zutreffen würden. Zwar hat er im Landtag der Arbeitsgruppe Grüne Gentechnik vorgestanden. Doch mit langjähriger politischer Erfahrung kann der 49-Jährige nicht aufwarten. Doch dass das politisches Greenhorn Huber nun einen Kabinettsposten bekommen hat, scheint jedoch niemanden zu stören - nicht einmal in der Opposition.

Im Gegenteil: Selbst der SPD-Abgeordnete Ludwig Wörner, der für seinen süffisanten Ton bekannt ist, beschreibt Huber als "sehr umgänglich", als einen Typ, "den man in der Politik nicht oft findet". Und seine Grünen-Kollegin Ruth Paulig fügt hinzu: Mit der Berufung ins Kabinett "hat es den Richtigen erwischt".

Denn Huber sei einer der wenigen CSU-Politiker, die "ohne ideologische Scheuklappen" durchs Leben gingen und mit dem man sachlich und inhaltlich diskutieren könne, so die stellvertretende Vorsitzende im Umweltausschuss, die sich im Ausschuss viele Wortgefechte mit dem Ampfinger geliefert hat.

Zudem sei er nicht den politischen Zwänge seiner Fraktion erlegen, sondern habe "durchaus seine eigene Meinung vertreten", sagt sie und hofft, "dass er in seinem neuen Amt nicht zum reinen Propagandaverkünder und Handlanger" wird.

Sicherlich kommt es Huber auch seine Art entgegen, emotional aufgeladene Themen wie Gammelfleisch, Vogelgrippe oder Gentechnik - wie er sagt - "offen und ideologiefrei" anzugehen. Was ihn jedoch nie daran gehindert hat, sich im Umweltausschuss vor allem mit den Grünen heftige und auch oft lautere Wortgefechte zu liefern.

Auf die Frage, warum sich Ministerpräsident Beckstein gerade ihn als neuen Umwelt-Staatssekretär ausgesucht hat, weiß Huber keine Antwort. Sein Alter kann es nicht gewesen sein, scherzt der 49-Jährige. "Ich bin ja von der Auswahl nicht ganz so jung."

Für Beckstein ist die Antwort ganz einfach: Huber sei ein "exzellenter Fachmann", sagt er. Das reicht.

Dass sich nun das politische Tempo für Huber deutlich verschärfen wird, ficht ihn nicht an. Nach der Berufung ins Kabinett stand für Huber rasch fest, dass das eine tolle Sache sei. Eine Sache, von der er bereits "ganz klare Vorstellungen" hat - auch wenn er die dann doch lieber für sich behält. "Ich bin hier im Team tätig", fügt er hinzu. Der Typ für Hau-Ruck-Aktionen ist Huber eh nicht. Die weiße Wand in seinem Büro zeugt davon.

Viele Vorschusslorbeeren für einen Mann, der es in der CSU noch weit bringen könnte - vielleicht auch bis zum Minister. Doch alle Personalspekulationen rund um das künftige Kabinett Beckstein lassen Huber kalt. "Ich denke überhaupt nicht daran", sagt er. Eben ganz der Pragmatiker.

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