Neue Gutachten:Die Rhön liegt vor dem Spessart

Entscheidung für einen dritten Nationalpark steht wohl kurz bevor

Von Christian Sebald

In dem Streit um einen dritten Nationalpark in Bayern verstärken sich weiter die Anzeichen, dass die unterfränkische Rhön das Rennen macht. Zwar treten die Naturschutzverbände nach wie vor massiv dafür ein, dass das neue Großschutzgebiet im Spessart ausgewiesen wird. Aber immer mehr Beobachter sagen, angesichts der massiven Proteste der Nationalpark-Gegner habe die Region keine Chance, auch wenn sie mit ihren alten Buchenwäldern aus fachlicher Sicht der am besten geeignete Standort für so ein Großschutzgebiet bleibe. Eine andere wichtige Vorentscheidung sind die neuen Wirtschafts-Gutachten über die potenziellen Nationalpark-Regionen Spessart, Rhön und die Donau-Auen bei Neuburg/Donau. Der renommierte Würzburger Tourismus-Forscher Hubert Job kommt darin zu dem Ergebnis, dass in der Rhön die positiven Effekte durch einen Nationalpark die größten seien - und zwar mit weitem Abstand. Am Freitag erörterten Vertreter der Staatskanzlei am Rande der Bundesratssitzung mit hessischen Kollegen außerdem die Möglichkeiten für einen grenzüberschreitenden Nationalpark Rhön.

Den Umweltverbänden und ihren Anhängern fällt dennoch die Einsicht schwer, dass der Spessart aus dem Rennen ist. So veröffentlichte der WWF kürzlich ein Rechtsgutachten, nach dem die Brennholzrechte der Spessarter Bevölkerung mitnichten der Ausweisung eines Nationalparks in der Region entgegenstehen. Sein Verfasser ist der angesehene Staats- und Verwaltungsrechtler Josef Franz Lindner, der als Professor an der Universität Augsburg lehrt. Nach Lindners Überzeugung müssten die Spessarter die Ausweisung eines Nationalparks in ihrer Region sogar entschädigungslos hinnehmen. Die Brennholzrechte gelten bislang als die größte rechtliche Hürde für einen Nationalpark Spessart. Der Rechtsanwalt Josef Geislinger hat diese Sicht für die Staatsforsten erst dieser Tage erneut in einem ergänzenden Gutachten bekräftigt.

Ebenfalls dieser Tage erklärte einer der bedeutendsten Unternehmer Deutschlands, dass er sich einen Nationalpark im Spessart wünscht. "Bayern hat eine lange Geschichte im Natur- und Umweltschutz", sagte Michael Otto, der Vorsitzende der Michael-Otto-Stiftung und Aufsichtsratschef der weltweit agierenden Otto Group. "Ein Nationalpark im Spessart wäre nicht nur wichtig für den Naturschutz in Deutschlands größter Laubwaldregion. Sondern auch für die Gewinnung von qualifizierten Fachkräften, die erfahrungsgemäß besondere Ansprüche an die Lebensqualität im Umfeld ihrer Arbeitsplätze stellen." Die Otto Group, die aus dem Hamburger Versandhaus Otto hervorgegangen ist, ist ein milliardenschwerer, weltweit agierender Konzern, zu dem mit Witt Weiden, Baur in Burgkunstadt, Sport Scheck in München und Frankonia in Würzburg auch umsatzstarke Firmen in Bayern gehören. Außerdem übergaben Naturschützer Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) 10 000 Unterschriften von Spessartern, die sich einen Nationalpark in ihrer Region wünschen. Und auf einer Pressekonferenz in dieser Woche wollen Bund Naturschutz, der Vogelschutzbund LBV, Greenpeace und der WWF erneut ein kraftvolles Zeichen für den Spessart setzen.

Zumindest über den Zeitplan für die Entscheidung von Ministerpräsident Horst Seehofer und seinem Kabinett herrscht inzwischen Klarheit. Dieser Tage führt Umweltministerin Ulrike Scharf erneut Gespräche mit den Landräten und anderen Vertretern der jeweiligen Regionen. In der Staatskanzlei und den beteiligten Ministerien laufen finale Abstimmungen. Am 18. Juli trifft das Kabinett die Entscheidung, wo der Nationalpark ausgewiesen wird, so jedenfalls der derzeitige Stand. Nur wenige Beobachter rechnen damit, dass das Kabinett auch eine Entscheidung für eine weitere Auswahlstufe mit zwei Regionen - der Rhön und den Donau-Auen - fällen könnte.

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