Naturschutz:Fürstenfamilie lässt alte Buchenwälder in Unterfranken abholzen

Naturschutz: Die Buchen auf der Karlshöhe wurden abgeholzt.

Die Buchen auf der Karlshöhe wurden abgeholzt.

(Foto: Bund Naturschutz)
  • In den Buchenwäldern im Hafenlohrtal leben zahlreiche seltene Arten.
  • Nun werfen Umweltschützer den Besitzern vor, Bäume abgeholzt zu haben.
  • Der Leiter der fürstlichen Forstverwaltung wies die Vorwürfe verschiedener Verbände zurück.

Von Christian Sebald

Die Buchenwälder im unterfränkischen Hafenlohrtal zählen zu den ältesten und wertvollsten in Bayern. In den bis zu 200 Jahre alten Beständen, die angestammter Besitz des Fürstenhauses Löwenstein sind, stehen nicht nur viele urtümliche Baumriesen, wie man sie andernorts kaum noch antrifft. Sondern das Hafenlohrtal ist auch Lebensraum für zahlreiche seltene Tierarten.

So leben hier der Großen Eichenbock und andere hochbedrohte Käferarten, aber auch Erdkröten, Wasserfrösche oder Feuersalamander. Einzigartig ist das Hafenlohrtal außerdem wegen seiner Vogelvielfalt. Hier kann man Habichte, Sperber, Baumfalken und Schleiereulen beobachten, dazu Bekassinen, Dorngrasmücken und Wasseramseln. Das ist auch der Grund, warum das Hafenlohrtal europäisches Vogelschutzgebiet ist und unter strengem Naturschutz steht.

Diesem Naturjuwel droht jetzt schwerster Schaden. Der Bund Naturschutz (BN) und der Vogelschutzbund LBV werfen dem Fürstenhaus Löwenstein zahlreiche Waldfrevel im Hafenlohrtal vor. "Seit ungefähr acht Jahren holzt die fürstliche Forstverwaltung systematisch die alten Buchenwälder ab", sagt der BN-Waldexperte Ralf Straußberger. "Auf den Kahlflächen pflanzt sie Douglasien-Monokulturen an." So massiv sind die Waldfrevel inzwischen, dass die Förster am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Karlstadt und das Landratsamt Main-Spessart alle weiteren Fällaktionen verboten haben. Die Begründung der Behörden: Das Fürstenhaus habe gegen zahlreiche wald- und naturschutzrechtliche Vorgaben verstoßen.

Tatsächlich tun sich in den fürstlichen Wäldern bereits eine ganze Reihe Kahlschläge auf. Der größte liegt Straußberger zufolge auf der Karlshöhe, wo auch ein beliebtes Ausflugslokal liegt. Hier haben die fürstlichen Forstarbeiter elf Hektar Buchenwald umgelegt. Insgesamt summieren sich die Waldfrevel bereits auf mehr als hundert Hektar. Weitere 46 Hektar sind laut BN und LBV bereits für Kahlschläge vorbereitet.

Absterbende Bäume sind wertvoller Lebensraum

Den Aktionen sind nicht nur Unmengen Buchen zum Opfer gefallen. Sondern auch sehr viele Biotopbäume. So nennen Naturschützer alte, absterbende Bäume, an denen bereits die Rinde abblättert und die voller Höhlen sind. Aus Sicht vieler Förster sind solche Bäume wertlos, weil ihr Holz nichts mehr taugt. Für die Artenvielfalt und die Natur sind sie freilich umso wertvoller. Schließlich sind absterbende Bäume Lebensraum für allerlei Pilze, Käfer und Insekten sowie für Höhlentauben, Spechte und anderes Getier.

Naturschutz: Die Karlshöhe im unterfränkischen Hafenlohrtal vor dem Kahlschlag.

Die Karlshöhe im unterfränkischen Hafenlohrtal vor dem Kahlschlag.

(Foto: Bund Naturschutz)

Die Naturschutzverbände fordern ein sofortiges Ende aller Waldfrevel im Hafenlohrtal. "Jahrzehntelang standen die Löwensteins für einen sehr sensiblen Umgang mit ihren Wäldern. Einzig aus diesem Grund haben sich ja die wertvollen und artenreichen alten Buchenwälder hier entwickeln können", sagt der BN-Mann Straußberger. "Das Fürstenhaus sollte jetzt rasch und verbindlich zu seiner angestammten, nachhaltigen Forstwirtschaft zurückkehren."

Zugleich erhebt der BN Vorwürfe gegen den Freistaat und die Forstverwaltung. "Waldfrevel wie im Hafenlohrtal sind nur möglich, weil die Vorschriften im Waldgesetz zu ungenau sind", sagt Straußberger. Anders als in anderen Bundesländern sind in Bayern Kahlschläge bisher nicht grundsätzlich verboten. In Paragraf 14 des bayerischen Waldgesetzes heißt es nur, dass sie zu vermeiden sind. Außerdem gibt es, anders als in anderen Bundesländern, keine exakte Definition, ab welcher Größe eine Fällaktion ein Kahlschlag ist.

Kahlschlag bleibt ohne Strafe

Und selbst wenn Behörden eine Fällaktion unterbinden, weil sie sich zu einem Kahlschlag auswächst, ist damit keine Strafe verbunden. "Wer im Wald ein Zelt aufstellt, wird wegen einer Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld bestraft", sagt Straußberger. "Kahlschlag dagegen wird nicht mal als Ordnungswidrigkeit verfolgt. So lange das so bleibt, gibt es immer wieder Waldfrevel wie im Hafenlohrtal."

Die Löwensteinsche Forstverwaltung hat bereits vor dem Würzburger Verwaltungsgericht Klage gegen den Einschlagstopp eingelegt. Das Fürstenhaus, das sich von den Wittelsbachern ableitet, zählt zu den traditionsreichsten in Franken und ist mit seinem Weingut weit über die Region hinaus bekannt. Im BR wies der Leiter der fürstlichen Forstverwaltung, Stefan Beyer, die Vorwürfe von BN und LBV zurück. Zwar habe man bis zu 190 Jahre alte Buchen gefällt, aber dafür viele alte Eichen bewusst stehen lassen. Mit den Fällungen habe man "Platz gemacht für bereits nachwachsende junge Buchen und Douglasien", damit sie besser wachsen könnten.

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