Naturschutz:Fragwürdiges Tauschgeschäft im Allgäu

Eine Frau steht mit Ihrem Rucksack an einer Wegkreuzung mit Wegweisern und schaut in die Ferne Bald

Soll am Riedberger Horn in den Allgäuer Alpen eine neue Gondelbahn und ein Skilift entstehen?

(Foto: imago)
  • Die bayerische Staatsregierung will für die geplante Skischaukel am Riedberger Horn den Status zweier Schutzgebiete wechseln.
  • Umweltverbände und Naturschutzbehörden lehnen das Projekt kategorisch ab.
  • Auch das Dorf Bolsterlang ist über den Plan empört. Die Bürgermeisterin kündigt massiven Widerstand an.

Von Christian Sebald

Die Pläne für die umstrittene Skischaukel am Riedberger Horn spalten nun sogar den Landkreis Oberallgäu. So haben sie in dem 1900-Einwohner-Dorf Bolsterlang überhaupt kein Verständnis für die Absicht der Staatsregierung, die Zone C des Alpenplans an dem 1787 Meter hohen Gipfel zu verkleinern, damit die neue Gondelbahn und die Skipiste möglich werden, und im Gegenzug die Zone C am nahen Wannenkopf entsprechend zu vergrößern.

"Die Möglichkeit für so einen Tausch ist nirgendwo vorgesehen", sagt die Bolsterlanger Bürgermeisterin Monika Zeller (parteilos). "Deshalb darf es ihn nicht geben. Das sollte die Staatsregierung eigentlich wissen." Zeller kündigte massiven Widerstand an, sollte Heimatminister Markus Söder (CSU) seine Pläne für den Schutzgebietstausch dennoch weiterbetreiben.

Mit der harschen Kritik aus Bolsterlang gewinnt der völlig verhärtete Streit um die Skischaukel weiter an Schärfe. Bislang sind sich Bolsterlang, Balderschwang und Obermaiselstein eng verbunden. Mit zwei weiteren Gemeinden bilden die drei Dörfer sogar die "Verwaltungsgemeinschaft Hörnergruppe". Balderschwang und Obermaiselstein wollen die Skischaukel am Riedberger Horn aber unbedingt durchsetzen. Sie befürchten, ohne sie ins Hintertreffen gegenüber den Wintersportorten in Tirol zu geraten.

Umweltverbände und Naturschutzbehörden lehnen das Projekt kategorisch ab. Der Grund ist, dass die Skischaukel der erste Eingriff in die Zone C des Alpenplans wäre, die für solche Vorhaben tabu ist. Aber auch sonst verstoßen die Pläne gegen nationale und internationale Naturschutz-Vorgaben. So hat sich der Konflikt längst zum Grundsatzstreit um den Naturschutz in den Bergen ausgewachsen.

"Das ist alles die pure Taktiererei"

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Heimatminister Söder wollen den Knoten nun mit Hilfe einer Bürgerbefragung und - bei einem positiven Votum - eben jenem Schutzgebietstausch zwischen dem Riedberger Horn und dem Wannenkopf durchschlagen. Dabei war von Beginn an klar, dass ein solcher Tausch nicht nur rechtlich extrem fragwürdig ist, sondern auch von Grundbesitzern, Almbauern und der Gemeinde Bolsterlang kategorisch abgelehnt wird - weil sie davon lauter Einschränkungen befürchten.

Außerdem sind die Bolsterlanger empört, dass der Tausch über ihre Köpfe hinweg verabredet wurde. Zumindest hat nach Zellers Worten noch niemand aus der Staatsregierung die kleine Gemeinde in der Sache kontaktiert. Die Bürgermeisterin hat davon erst aus den Medien erfahren. Sie empört sich auch darüber, dass offenbar nur die Stimmberechtigten in Balderschwang und Obermaiselstein über die Skischaukel abstimmen dürfen. Eine Beteiligung der ungefähr 1600 Bolsterlanger Stimmberechtigten an der von der Staatsregierung ins Spiel gebrachten Bürgerbefragung sei nicht vorgesehen, obwohl sie nun ebenfalls von den Plänen betroffen sind. "Das ist alles die pure Taktiererei", schimpft die Bürgermeisterin, "dafür fehlt uns jedes Verständnis."

Heimatminister Söder nennt den ganzen Streit derweil "ein bisschen überzogen". Bei einem Besuch in der Region sagte er unlängst, dass die Grenzen der Zone C einst "einfach mal quer durchgezogen worden sind und nichts mit realen, auch topografischen Grenzen zu tun" hätten. Deshalb passe die Staatsregierung "jetzt den Plan an die Realität an", erklärte der Heimatminister im Gespräch mit dem Obermaiselsteiner Liftchef Bernie Huber, der schon seit vielen Jahren für den Bau der Skischaukel kämpft. Von den Grünen kam scharfe Kritik. Ihr Allgäuer Abgeordneter Thomas Gehring warf Söder "gefährliche Ignoranz" vor und nannte den Heimatminister einen "Heimatzerstörer, dem sämtliche Naturschutzvorschriften egal sind".

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