Nationalpark-Debatte:Park-Platz gesucht

Spessart
(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Im Spessart wollen die Gegner eines Nationalparks lautstark protestieren. Derweil dreht sich im Steigerwald die Stimmung

Von Christian Sebald

Jetzt marschieren sie also auch im Spessart auf. Wenn Umweltministerin Ulrike Scharf diesen Freitag nach Aschaffenburg reist, um dort mit Landräten und Bürgermeistern über einen Nationalpark Spessart zu sprechen, rücken mehrere hundert Demonstranten an. Der Bund Naturschutz, der Vogelschutzbund LBV, Greenpeace und der frisch gegründete lokale Pro-Nationalpark-Verein "Freunde des Spessarts" wollen Scharf Rückendeckung geben und für einen Nationalpark in der Region werben. Die Frage ist, ob sie sich mit den 150 Anhängern, die sie angemeldet haben, überhaupt Gehör verschaffen können. Denn die Nationalpark-Gegner, allen voran der CSU-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Maximilianeum, Peter Winter, und sein Anti-Nationalparkverein "Wir im Spessart", mobilisieren zu einer Großkundgebung, die den morgendlichen Berufsverkehr in Aschaffenburg lahmlegen dürfte.

Aus drei Himmelsrichtungen wollen die Nationalpark-Gegner mit Traktoren nach Aschaffenburg fahren. Die Konvois sollen jeweils ungefähr 50 Fahrzeuge umfassen. Aber nicht nur das. Die Kritiker kommen auch per Omnibus - Wolfgang Karl, der die Kundgebung organisiert, sagt, ganze Belegschaften von Papierfabriken und Sägewerken hätten sich angemeldet. Zusätzlich zu den Traktoren rechnet Karl mit bis zu tausend Demonstranten. Natürlich werden sie auf Transparenten und in Sprechchören kundtun, dass sie strikt gegen einen Nationalpark sind. Außerdem werden sie das Spessartlied absingen und anderes mehr. Wegen der aufgeheizten Stimmung hat die Polizei schon im Vorfeld an alle Demonstranten appelliert, "ein faires und rücksichtsvolles Verhalten an den Tag zu legen".

Das weckt ungute Erinnerungen an den August 2008, als der Außenminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel in seiner damaligen Funktion als Bundesumweltminister den Steigerwald besuchte. Gabriel wollte sich informieren, was es mit den Plänen für einen Buchen-Nationalpark am Schnittpunkt der drei fränkischen Regierungsbezirke auf sich hatte, die der Bund Naturschutz und einige Lokalpolitiker vorgebracht hatten. Auch damals riefen die Gegner eines Nationalparks Steigerwald zu einer Kundgebung auf - unter Führung des heutigen CSU-Innenstaatssekretärs Gerhard Eck. Vor der Bildungsstätte, in der Gabriel am Ende seines Besuchs eine kurze Pressekonferenz gab, kam es zu tumultartigen Szenen. Die wütende Menge bildete ein Spalier und beschimpfte Gabriel mit unflätigen Parolen - obwohl der den Demonstranten per Megafon versicherte, "dass Ihnen niemand hier einen Nationalpark überstülpen will und wird". So aggressiv war die Stimmung, dass der SPD-Politiker, die Lokalpolitiker, die für einen Nationalpark eintraten, und die Journalisten das Gebäude nur mit Polizeischutz verlassen konnten.

Inzwischen wären viele im Steigerwald froh, wenn die Region an dem Wettbewerb um den dritten Nationalpark teilnehmen könnte. Erst am Mittwoch hat sich in Ebrach die Initiative "Faire Chance für den Steigerwald" vorgestellt. Sie ist ein Zusammenschluss von 150 Lokalpolitikern, Gastwirten, Hoteliers und anderen Gewerbetreibenden aus der Region, die alle den einen Wunsch haben: Dass auch der Steigerwald als Standort in Betracht kommt. Denn, so die Begründung der Initiative, ein Nationalpark sei nicht nur ein Gewinn für den Naturschutz. Sondern auch - wegen der vielen Besucher - ein kräftiger wirtschaftlicher Schub für die Gegend. Ob die Initiative gehört wird, ist fraglich. Als Ministerpräsident Horst Seehofer im Sommer 2016 erklärte, dass es einen dritten Nationalpark in Bayern geben werde, schloss er den Steigerwald als Standort explizit aus. Der Grund ist das vergiftete Verhältnis zwischen Gegnern und Befürwortern.

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