Nächtliches Verkaufsverbot an Tankstellen:Stuss mit Ladenschluss

Bei der Groteske um den nächtlichen Verkauf an Bayerns Tankstellen stellt sich die stolpernde Sozialministerin Christine Haderthauer ein Bein nach dem anderen - und Ministerpräsident Horst Seehofer schaut belustigt zu. Dabei ist er selbst schon längst die Hauptperson in dem kuriosen Fall.

Frank Müller

Ausgerechnet die Tankstellen zum Zentrum des nächtlichen Alkoholverkaufs zu machen, ist in etwa so schlüssig, wie den Vertrieb von Kondomen nur in Nachbarschaft von Kirchen zu genehmigen. Es ist Nonsens, was seit geraumer Zeit im Freistaat passiert, und Ministerpräsident Horst Seehofer fühlt sich nicht ohne Grund an Karl Valentin erinnert. Die groteske Praxis, wonach Alkohol nur an Autofahrer, nicht aber an Fußgänger abgegeben werden darf, wäre des großen Komikers würdig gewesen.

Nächtliches Verkaufsverbot an Tankstellen

Der Verkauf von Alkohol und anderen Produkten an Bayerns Tankstellen ist nach wie vor nicht geregelt.

(Foto: dpa)

Anders als Seehofer glaubt, ist er aber nicht der belustigte Zuseher am Rande, der mit Freude verfolgen kann, wie sich seine stolpernde Sozialministerin Christine Haderthauer ein Bein nach dem anderen stellt. In Wahrheit ist Seehofer schon längst die Hauptperson der Valentineske.

Er ist der Chef einer Regierung, die es nicht auf die Reihe bringt, mit ein paar simplen Sätzen Rechtsklarheit zu schaffen. Mit einem solchen bayerischen Ladenschlussgesetz wäre sehr einfach zu klären, wer wann Alkohol verkaufen darf und wann nicht.

Dieses Thema ist der CSU zu heiß, weil sie sich schon einmal die Finger daran verbrannt hat. 2006, noch zur Stoiber-Zeit, offenbarte eine legendäre fraktionsinterne Abstimmung mit 51 zu 51 Stimmen die völlige Zerrissenheit der CSU, was den Ladenschluss betrifft. Wenn Seehofer nun sagt, er wolle dieses Fass nicht wieder aufmachen, ist das zwar parteistrategisch verständlich. Eine Rechtfertigung dafür, die Dinge in der Grauzone unter dem Siegel vermeintlicher bayerischer Liberalität laufen zu lassen, ist das aber nicht.

Allmählich muss die CSU aufpassen, denn der Tankstellen-Wahnsinn hat durchaus das Zeug dazu, die Menschen so zu erregen wie seinerzeit das Rauchverbot. Zumal jeder neuer Vollzugshinweis aus dem Hause Haderthauer die Lage nur verschlimmert. In ihrem kommenden, dem dritten Papier will oder muss sie, von Seehofer gedrängt die Unterscheidung zwischen Fußgängern und Autofahrern beim Alkoholverkauf völlig aufheben.

Das aber gibt das in Bayern noch immer geltende alte Bundesladenschlussgesetz nicht her. Es regelt, dass Tankstellen an Reisende verkaufen dürfen, nicht an Durstige. Wer das ändern will, muss ein neues Gesetz machen. Oder er begeht Rechtsbruch.

Wann gilt das Verkaufsverbot an Tankstellen - und für wen? Die wichtigsten Fragen und Antworten finden Sie hier.

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