Nach der Landtagswahl:Grün welkt

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Eine Sonnenblume verwelkt. Auch die Grünen hätten nach der Landtagswahl allen Grund, ihren Kopf hängen zu lassen. Aber jetzt wird erst mal gelobt. (Foto: Jens Wolf/dpa)

Wieder kein Regierungswechsel, nicht einmal drittstärkste Kraft: Bayerns Grüne stehen nach der Wahlpleite vor einem Führungsstreit. Einzig Spitzenkandidatin Bause ist unumstritten. Die Schuld an den mauen 8,6 Prozent geben die Grünen auch den Wählern.

Von Heiner Effern

Das Eingeständnis schon am Abend der Wahl ist eindeutig: "Wir haben alle Wahlziele verfehlt", sagt Margarete Bause, Spitzenkandidatin der Grünen. Und nun? Wird sie von allen Seiten ihrer Partei für ihren Wahlkampf gehätschelt, dass es auch schon wieder verdächtig wirkt. Doch dahinter steckt nüchternes Kalkül: Zum einen ist am Sonntag Bundestagswahl. Da wollen die Grünen besser punkten als im Land. Zum anderen ist die einzige Alternative für Margarete Bause bei den bayerischen Grünen: Margarete Bause.

Also loben sie alle, dass es nur so kracht. Sepp Dürr sagt am Wahlabend, dass sie niemals besser gewesen sei. Der Abgeordnete Ludwig Hartmann, als ehrgeiziger Junger sicher nicht verdächtig, den Etablierten das Wort zu reden, preist Bauses unermüdlichen Einsatz als "den Hammer". Und Landeschefin Theresa Schopper lobt den "fulminanten Wahlkampf", Bause habe "Unglaubliches geleistet".

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Tatsächlich können die Grünen es immer noch nicht glauben, wie schlecht sie abgeschnitten haben. 8,6 Prozent. Nur noch 18 Abgeordnete im Landtag, einer weniger als in der vergangenen Legislaturperiode. Wieder kein Regierungswechsel in Sicht, nicht einmal drittstärkste Partei. In ihrer traditionellen Hochburg Oberbayern fielen sie von 13,1 auf 9,9 Prozent zurück. Das findet Spitzenkandidatin Bause ärgerlich, gleichzeitig freue sie sich über ihr persönlich gutes Ergebnis in Schwabing, sagt sie. Der Rückzug einer geschlagenen Fraktionschefin hört sich anders an.

Doch das Führungsteam der Grünen in Bayern neben Bause könnte sich im kommenden Jahr völlig ändern. Ihr Kollege an der Fraktionsspitze, Martin Runge, sagt zwar, dass er schon noch Lust verspüre auf seinen Job - doch dass seine Partei und Fraktion noch Lust auf ihn in diesem Amt verspüren, ist nicht wahrzunehmen. Es wird erwartet, dass Ludwig Hartmann sich auf jedem Fall für Runges Stelle im Führungsduo bewerben wird.

Er ist der einzige Mann, der für den besonders von jungen Grünen geforderten Generationenwechsel zur Verfügung steht. Und mit den Themen Olympia-Bewerbung und Energie hat er sich in seiner ersten Amtszeit als Abgeordneter fachlich etabliert. "Wir machen jetzt Wahlkampf, Tag und Nacht. Gedanken über die Zukunft im Landtag machen wir uns vom 23. September an", sagt Hartmann. Die Bundestagswahl ist am 22. September.

Bis zur ersten Fraktionsklausur ist es dann noch eine Woche. Wer den Netzwerker Hartmann kennt, weiß, dass er die Zeit nutzen wird. Besonders da die Fraktion fast zur Hälfte neu besetzt sein wird. Einige Etablierte wie Christine Stahl traten nicht mehr an, und zwei prominente Grüne haben den Einzug in den Landtag sicher verpasst: der Niederbayer Eike Hallitzky und ausgerechnet Landeschefin Theresa Schopper, die im schwäbischen Stimmkreis Marktoberdorf antrat.

Dafür kommen drei neue Gesichter aus Mittelfranken, der Bezirk gewinnt ein Mandat dazu und ist damit so etwas wie der heimliche Wahlsieger bei den Grünen. Dafür liegen die Nerven in Oberbayern blank, denn die Zahl der zu vergebenden Mandate sank hier von neun auf sieben. Sicher drin sind nur Spitzenkandidatin Bause, Christian Magerl aus Freising und Hartmann. Die Abgeordneten Claudia Stamm, Martin Runge oder Sepp Dürr machen sich Hoffnungen wie die jungen Münchner Katharina Schulze und Thomas Pfeiffer oder die Traunsteinerin Gisela Sengl. Sie alle lagen am Montagnachmittag ganz eng beieinander.

Das Scheitern von Theresa Schopper warf auch die Frage auf, ob sie nach zehn Jahren an der Landesspitze in diesem Herbst noch einmal weitermachen will und darf. Schopper will das bittere Scheitern erst einmal "sacken lassen" und sich dann entscheiden. Der männliche Landesvorsitzende wird dann 2014 gewählt, auf dieser Position wird es einen Wechsel geben. Dieter Janecek hat intern bereits signalisiert, dass er im Falle eines Einzugs in den Bundestag nicht mehr antritt. "Von Berlin aus geht das nicht", sagte er. Auch dieser Wechsel wird in Schoppers Überlegungen einfließen. Viele ämtertaugliche Frauen, die eine solche Integrationskraft wie sie besitzen, haben die Grünen nicht.

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Das Festhalten an Bause fällt den Grünen auch deshalb leicht, weil sie sich mit eigenen Fehlern im Wahlkampf zumindest jetzt nicht auseinandersetzen müssen. "Wir haben alles gegeben, wir können nichts dafür", sagt Janecek. Das Absacken in den letzten Wochen wird gerne mit Gegenwind aus Berlin, sprich den Steuerplänen im Bund, begründet. Die habe man den Leuten nicht richtig erklären können, sagte Spitzenkandidatin Bause.

Weil sie inhaltlich ein Fehler seien? Nein, die seien schon richtig, sagt sie. Ist dann nicht doch sie selbst schuld, weil sie die Pläne den Leuten nicht nahebringen konnte? An den Köpfen, sagt Bause, kann man das schlechte Ergebnis nicht festmachen. Am Ende, so scheint es, ist der Wähler schuld, weil er die Steuerpläne nicht zu würdigen weiß. Oder die wirtschaftlich gute Lage in Bayern, die CSU mit ihrer Entpolitisierung des Wahlkampfs, die Fokussierung auf Seehofer und Ude. Nur sie selbst, da sind sich die Grünen einig, können nichts dafür.

© SZ vom 17.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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