Multi-Kulti und anderes mehr:Abstimmungsmarathon

Beim CSU-Parteitag entscheiden die Delegierten über Dutzende Anträge - dabei blitzt sogar der Generationenkonflikt auf

Von Lisa Schnell, Wolfgang Wittl

CSU-Parteitag, das bedeutet nicht nur große Reden und verstecktes Raunen, sondern auch harte Kleinarbeit. Dutzende Anträge auf Hunderten Seiten bekommt jeder Delegierte anvertraut, und eine Kommission versucht tapfer, Ordnung in den Wust von Wünschen zu bringen. Daniela Ludwig und Max Straubinger heißt das bedauernswerte Duo, das den CSU-Parteitag am kollektiven Wegdösen hindern soll. Doch auf einmal ist er da, der Generationenkonflikt, wenn auch anders als gedacht. Doch wach sind nun alle.

Die Junge Union kämpft für eine Mitbestimmung der Mitglieder zum Koalitionsvertrag. Man wolle den Parteivorstand dadurch stärken, sagen JU-Landeschef Hans Reichhart und seine Getreuen. Doch es sind vor allem die Älteren in der CSU, die dagegen mobil machen. Man dürfe das Verhandlungsmandat der Parteispitze nicht beschränken, sagt etwa der ehemalige Regierungssprecher Peter Hausmann. Ähnlich äußert sich der frühere Minister und Generalsekretär Thomas Goppel: Es gebe keinen Grund, etwas zu ändern. Und so bleibt es, wie es schon immer war. Die Mehrheit lehnt den JU-Antrag ab.

Auch bei der Verabschiedung des Grundsatzprogramms blitzt der Streit zwischen Alt und Jung auf. Das Programm soll Orientierung geben, ein Kompass in unsicheren Zeiten sein. An einer Stelle aber kann zumindest JU-Mann Konrad Körner nicht genau erkennen, wo die Nadel hinzeigt. Ist die CSU jetzt für die Homo-Ehe oder nicht? Falls ja, findet wohl nicht nur Körner, würde einer der letzten konservativen Stützpfeiler einstürzen. Eine heikle Frage in der CSU, auch deshalb bemüht sich Grundsatzkommissionschef Markus Blume, das Thema klein zu halten. Die Brisanz versteckt sich in dem umständlichen Wort "personenstandsrechtliche" Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, die dürfe es nicht geben.

Im Klartext: Auch Schwule und Lesben dürften dann von sich sagen, sie seien verheiratet. Wer verheiratet ist, führt eine Ehe, meint Körner: "Ich finde, dann müssen wir ehrlich sein, dann sind wir halt für die Homo-Ehe", sagt er, auch wenn er selbst dagegen sei. Blume entgegnet, die Ehe sei ein rechtlich definierter Begriff, Verheiratetsein nicht. Die Basis folgt ihm. Und so schafft es die CSU, gegen die Homo-Ehe zu sein, Schwule und Lesben aber doch als verheiratet anzusehen - ein Formelkompromiss, der "alle mitnimmt", wie Körner sagt, aber wenig Klarheit schafft.

Klar positioniert sich die CSU dagegen gegenüber Zuwanderern. Die Leitkultur mache "Bayern zu Bayern", sagt Blume. Beifall bei den Delegierten, Verzagtheit dagegen, wenn man nachfragt, was die Leitkultur denn nun genau ausmacht. Ein Antrag versucht, wenigstens bei der Begriffsklärung von "Multi-Kulti" zu helfen. Dadurch solle keine "echte Kultur" abgewertet werden. Echte Kultur, das wäre etwa "kubanischen Salsa oder spanische Paella", auch ihre "heimische Gesangskultur" und "Tanzkultur" dürften Zuwanderer natürlich pflegen, heißt es großzügig in dem Antrag. Denn sonst könnten Kritiker ja sagen: "Die CSU will Döner verbieten, obwohl der schöner macht." Aus ungeklärten Gründen wird der Antrag abgelehnt. Einstimmig nimmt die Basis hingegen das neue Grundsatzprogramm an, Blume erntet von Parteichef Horst Seehofer verdächtig viel Lob.

Aber weil über Personalien nicht gesprochen werden darf am Parteitag, zurück zum Inhalt: Gegen den Vorschlag der Parteioberen sprechen sich die Delegierten etwa dafür aus, dass Lastwägen auf zweispurigen Autobahnen nicht mehr überholen dürfen. Dass das Thema im Land schon rauf und runter diskutiert wurde, stört nicht weiter. Länger als sonst dauert die Antragsdebatte, doch nach der Frage zur Ferkelkastration leeren sich die Reihen. Zum Schluss singt die CSU nicht etwa ein Loblied auf sich, sondern wie immer die Bayernhymne, das Deutschlandlied und die Europahymne. Dass auf dem Gesangszettel "Deuschlandlied" steht, fällt nicht weiter auf.

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