München/Wangen:Ehrenrunde

Auf einer Irrfahrt mit dem Fernbus, entdecken Reisende völlig neue Routen - bis nur noch das Navi helfen kann

Von Laura Kaufmann, München/Wangen

Ein Busfahrer kennt seinen Weg. Und wenn er seinen Weg nicht kennt, dann gibt es immer noch das Navi. Könnte man meinen. Das meint man so lange, bis man in einem Bus sitzt, aus dem Fenster schaut und gar nicht das sieht, was man sonst so gewohnt ist auf der Busfahrt. In einem Stadtbus ohne Zeitdruck ist es beinahe erheiternd, wenn zum Beispiel der Fahrer der 100er-Linie nach seiner Schleife am Odeonsplatz in München kurz träumt und die Fahrt in die falsche Richtung fortsetzt; also in die Richtung, aus der er eben gekommen war. In einem Fernbus kann die Unwissenheit des Busfahrers anstrengender werden.

Fernbusse, so viel vorweg, sind großartig. Sie bringen Menschen für wenig Geld von München in alle Ecken des Landes und zu den angrenzenden Nachbarn. Es gibt freies Wlan, Reservierungen gibt es nicht, dafür für jeden einen Sitz. Für einen Kurztrip von München aus bietet sich an schönen, freien Sommertagen zum Beispiel der Bodensee an. Die einfache Fahrt nach Friedrichshafen gibt es schon ab zehn Euro, sie dauert zwei Stunden und zwanzig Minuten, und meistens klappt das mit den Fahrten gut.

Nicht allerdings, wenn das Navigationsgerät eines Doppeldeckers bei der Rückfahrt nach München streikt. Der Bus fuhr los, die Fahrgäste vertieften sich in ihre Lektüre, in ihr Smartphone, ihren Laptop (ohne Wlan allerdings, das funktionierte nicht) oder in ein Gespräch. Erst als der große Bus im Schritttempo durch eine schmale 30er-Zone fuhr, wo längst in autobahnhaftem Tempo Obstbäume und Wiesen am Fenster vorbeifliegen sollten, starrten die Fahrgäste verstört aus dem Fenster.

Die kleine Straße lag in Friedrichshafen. In unmittelbarer Nähe zum Bahnhof, an dem die Reise vor einer guten halben Stunde losgegangen war. Der Busfahrer war offenbar beim Versuch, einem Stau zu entkommen, im Kreis gefahren. Eine patente Schwäbin eilte nach vorne, um zu fragen, ob der Fahrer Hilfe benötigte. Wenig später, als er sich weiter zu verfahren schien, schaltete sie ihr Smartphone-Navi ein, das fortan den Weg wies. Über die Landstraße ging es, bis der Bus schließlich bei Wangen auf die verstopfte Autobahn fuhr.

Die Fahrgäste fanden sich mit der Verspätung ab und wandten sich wieder ihren Beschäftigungen zu. Dann eine Durchsage - entschuldigte der Fahrer sich nun für sein Missgeschick? Oder erklärte er es? Weder noch: Seine Fahrzeit sei überschritten, sagte der Mann. Man müsse nun bei der nächsten Raststätte eine Pause von einer halben Stunde einlegen.

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