Modellbau-Affäre:Warum Haderthauer wohl kaum in die Politik zurückkehren wird

´Haderthauer: Würde gerne mit ´zweiter Luft" durchstarten"

Christine Haderthauer musste 2014 wegen der Modellbau-Affäre zurücktreten. Jetzt will sie wieder zurück.

(Foto: Sven Hoppe)
  • Christine Haderthauer möchte zurück in die Politik, zumindest deutete sie das in einem Interview an.
  • In ihrem CSU-Ortsverband in Ingolstadt ist man davon nur mäßig begeistert.
  • In der Landtagsfraktion gibt es kaum jemanden, der an eine Rückkehr ins Kabinett glaubt.

Von Andreas Glas und Wolfgang Wittl, Ingolstadt/München

Christine Haderthauer saß in der ersten Reihe, als die Bierbrauer am Freitag in Ingolstadt das 500-jährige Bestehen des Reinheitsgebots gefeiert haben. Sie hat aus nächster Nähe beobachtet, wie der Brauerbundpräsident ans Rednerpult trat und die Politikprominenz begrüßte, die zur Feier ins Bierzelt gekommen war: Bundeskanzlerin Angela Merkel natürlich, Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und so weiter. Und Haderthauer, immerhin Landtagsabgeordnete für Ingolstadt? Wurde mit keinem Wort erwähnt. Sie saß in der ersten Reihe und saß doch im Abseits.

Ihr Status ist ein anderer, seit Haderthauer im Herbst 2014 wegen der sogenannten Modellbau-Affäre als Staatskanzleichefin zurücktrat. Es ist ruhig geworden um die Frau, die in ihrer steilen politischen Karriere vieles war, nur nicht ruhig.

Doch vor ein paar Tagen machte sie wieder auf sich aufmerksam. Haderthauer sendete ein erstes mediales Lebenszeichen, seit sie ihren Strafbefehl von 30 Tagessätzen wegen eines Steuervergehens angenommen hat. Im Donaukurier, ihrer Lokalzeitung, sprach sie über ihre politische Zukunft, von der nicht wenige in der CSU dachten, sie läge inzwischen hinter der 53-Jährigen. Sie haben sich offensichtlich getäuscht.

"Wie eine Wolke" sei die Modellbau-Affäre über ihrem Leben und dem ihrer Familie geschwebt. Aber sie sei "jetzt innerlich wieder sehr stabil", sagte Haderthauer. Der Gedanke, aus der Politik auszusteigen, sei ihr allenfalls in einem "Durchgangsstadium kürzerer Natur" gekommen. Und: Sie wünsche sich, "dass man mir die Chance gibt, mit der zweiten Luft durchzustarten", sagte sie noch. Da wurde man in der CSU auch außerhalb von Ingolstadt hellhörig.

Liebäugelt sie bereits wieder mit einer Berufung ins Kabinett?

Durchstarten mit zweiter Luft! Haderthauer bringt sich also in Stellung, nur wofür? Ist das überhaupt vorstellbar, dass jemand wie sie in den Landtag einzieht, um sich mit einem Leben als Hinterbänklerin zu begnügen? Liebäugelt sie bereits wieder mit einer Berufung ins Kabinett? Oder wollte sie wirklich nur die Basis daheim wissen lassen, dass sie ihr Mandat auch über die nächsten Wahlen 2018 hinaus zu behalten gedenkt? Damit erst gar niemand auf die Idee kommt, an ihrem Stuhl im Maximilianeum zu rütteln.

Parteifreunde, die nahe an ihr dran sind, hängen der zweiten Theorie an: Die Initiative für das Gespräch sei vom Donaukurier ausgegangen, Haderthauer habe sich der Anfrage der Heimatzeitung doch gar nicht entziehen können, wollte sie signalisieren, dass sie sich nach der Affäre nun wieder für arbeitsfähig halte. Die zweite Luft sei ausschließlich auf die Landtagskandidatur zu beziehen. Zu kurz gekommen sei in dem Beitrag leider, dass Haderthauer stets betone, die Entscheidung dafür liege bei der CSU in Ingolstadt.

Haderthauer müsste beweisen, dass sie sich für "kleinere Brötchen" nicht zu schade ist

Nicht jeder in der Ingolstädter CSU hat sich gefreut über die Art, wie Haderthauer jetzt nach vorne preschte. Natürlich sei ihr Image beschädigt, sagt ein wichtiges Mitglied der Stadtratsfraktion. Bevor man sie als Landtagskandidatin nominiere, müsse Haderthauer beweisen, dass sie sich nicht zu schade sei, "kleinere Brötchen auf der Basis der Kommunalpolitik zu backen".

Keine ganz leichte Aufgabe, da ihr einige CSU-Stadträte nachsagen, sie habe während ihrer Zeit als Ministerin und Staatskanzleichefin etwas hochnäsig auf die Ingolstädter Stadtratskollegen runtergeschaut - wenn sie denn überhaupt mal an einer Stadtratssitzung teilgenommen hat. "Ich hätte mir gewünscht, dass sie mehr Präsenz gezeigt hätte", sagt ein Fraktionskollege, "dann wäre sie besser verankert, was ihr jetzt zugutekommen würde."

Vor allem an der Spitze der Ingolstädter CSU gibt es aber auch einige, die sich vorstellen können, Haderthauer eine neue Chance zu geben. Nicht nur der CSU-Kreisvorsitzende Hans Süßbauer, auch Rathaus-Fraktionschef Joachim Genosko hat "im Moment" keinen Zweifel, dass Haderthauer eine gute Abgeordnete für Ingolstadt sei. Und bei fast allen klingt Mitgefühl für die tief gefallene Parteikollegin durch. Letztlich werde es "eine Abwägungssache" sein, ob eine mögliche Kandidatur nach den Negativschlagzeilen ein Risiko darstelle oder nicht. Gegenspieler, die Haderthauer die Kandidatur streitig machen würden, sind derzeit nicht zu erkennen. Was nicht bedeutet, dass sich im Zweifel nicht jemand finden ließe. Ein paar Namen jüngerer Ingolstädter CSU-Mitglieder mit Ambitionen gibt es jedenfalls, etwa den von JU-Chef Markus Meyer. Oder Patricia Klein, die allerdings als zukünftige Fraktionschefin im Stadtrat feststeht.

"Keiner in der CSU vermisst sie"

In der Landtagsfraktion, in der sich Haderthauer zuletzt wieder öfter blicken ließ, wird ihr Beitrag stirnrunzelnd bewertet. Kein Taktgefühl, keine Demut, viel zu früh, typisch Haderthauer - so lautet die gängige Einschätzung. "Das war's", sagte ein Minister nach dem Strafbefehl. Und auch jetzt glaubt kaum jemand an ein Comeback im Kabinett - wann auch immer.

"Keiner in der CSU vermisst sie", auch das wird gesagt. Aber das stimmt nicht ganz. Zumindest Erwin Huber, der Haderthauers Karriere 2007 mit der Beförderung zur Generalsekretärin erst in Schwung gebracht hatte, glaubt eisern an ihre Vorzüge. Haderthauer sei wie kaum eine andere Frau in der Partei für höchste Ämter befähigt. "Politisch ist sie eine Leistungsträgerin, deren Kreativität, Kompetenz und Standfestigkeit der CSU und ihrer Zukunftsfähigkeit gut tut", sagt Huber: "Deshalb sollten wir für sie die Signale wieder auf freie Fahrt voraus stellen."

2008, als die CSU die absolute Mehrheit verloren hatte, wurde Haderthauer von Horst Seehofer völlig überraschend ins Kabinett berufen. "Ich hab' dich noch mal aus dem Sarg geholt", soll der Ministerpräsident gesagt haben. Eine zweite Auferstehung gilt in der CSU als undenkbar, auch wenn Haderthauer den Deckel nun selbst gelupft hat.

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