Mobilfunk:Deswegen ist der Handy-Empfang auf dem Land so schlecht

Puchheim: Mobilfunk-Mast vor Bundesstrasse B2

Von solchen Mobilfunk-Masten wie diesem in Puchheim bräuchte es vor allem im ländlichen Raum mehr.

(Foto: Johannes Simon)
  • In vielen ländlichen Regionen Bayerns gibt es nur schlechten oder gar keinen Mobilfunk-Empfang.
  • Für bessere Signale müssten mehr Mobilfunkmasten gebaut werden, was sich für Unternehmen nicht lohnt.
  • Daran sollen sich die Kommunen beteiligen, meint Wirtschaftsministerin Aigner.
  • Doch die winken ab - das sei nicht ihre Aufgabe.

Von Lisa Schnell

Susanne Feller ist nicht in ihrem Büro und damit unerreichbar. Sie ist Bürgermeisterin des mittelfränkischen Marktes Heidenheim, einer dieser weißen Flecken, an denen es keinen Mobilfunk gibt. Ein Handy hat Feller trotzdem. Und tatsächlich, es tutet am anderen Ende. "Es ist nicht so, dass wir völlig im Nirwana leben", sagt Feller, aber zum Großteil eben schon. Hohentrüdingen, Hechlingen, Degersheim, Rohrach heißen die Ortsteile, in denen die Menschen noch im Vor-Handy-Zeitalter leben.

Die Straßenkurven, ab denen endlich wieder ein Balken auf dem Display zu sehen ist, kennt in Heidenheim jeder. Und auch die Geschichte vom Reporter, der da war und über die schönen Wanderungen in der Gegend berichten wollte. Seine Texte musste er vom Rathaus wegschicken. LTE gibt es in Heidenheim nirgends. Oder die Sache mit der Feuerwehr. Die freiwilligen Helfer über das Handy zu alarmieren, wenn sie ausrücken müssen, wäre sinnvoll, ohne Empfang allerdings eher weniger. Den Frust darüber muss sich Feller bald wieder bei Bürgerversammlungen anhören. "Es nervt einfach", sagt sie.

Im Großteil Bayerns ist der Empfang gut, die Bundesnetzagentur zweifelt nicht daran, dass die Mobilfunkanbieter ihrer Verpflichtung nachkommen und bis 2020 mindestens 97 Prozent der Haushalte versorgt sind. Feller aber geht es um die meist ländlichen Regionen wie ihrem Ort, in dem sich für privatwirtschaftliche Unternehmen die Errichtung eines Mobilfunkmastes einfach nicht lohnt. "Hier muss es vom Freistaat finanzielle Unterstützung geben", sagt sie. Mit den Plänen, die Wirtschaftsministerin Ilse Aigner aber gerade präsentiert hat, ist sie nicht zufrieden.

Aigner will die Funklöcher durch ein Förderprogramm stopfen, bei dem Kommunen vom Freistaat 80 Prozent Zuschuss für den Bau von Masten bekommen, die sie dann an Mobilfunkanbieter vermieten. Die Anschaffung sei für die Kommunen "weitgehend kostenneutral", sagt eine Ministeriumssprecherin. Ein staatliches Mobilfunkzentrum werde die Kommunen bei der Umsetzung unterstützen, auch die Netzbetreiber hätten den Kommunen umfassende Unterstützung durch Planung, Beratung und Begleitung zugesagt.

Der Gemeindetag hat die Pläne schon im Dezember abgelehnt und Sprecher Wilfried Schober klingt nicht so, als würde sich das bald ändern. "Warum sollen wir uns den Schuh anziehen?" Es sei doch immer die gleiche Masche: "Was der Staat nicht selbst machen will, schiebt er ab auf die Kommunen." Die aber seien für Mobilfunk ganz bestimmt nicht zuständig. Das könne jeder in der Gemeindeordnung oder in der Bayerischen Verfassung nachlesen. Kommunen kümmerten sich um ortsbezogene Maßnahmen, Mobilfunkausbau aber sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Die Gemeinden zahlen drauf, meinen Kritiker

Schober fällt zudem eine Liste an Eventualitäten ein, bei denen das Mietmodell für die Gemeinden nicht kostenneutral sei. Will eine Kommune einen Masten bauen lassen, brauche es eine Ausschreibung. Vergabeverfahren seien hochkomplex, kosteten Zeit und Personal. Und was, wenn ein Mobilfunkbetreiber pleite geht? Unwahrscheinlich ja, aber wenn doch, bliebe die Gemeinde auf den Kosten sitzen. Sie müsste außerdem für die Wartung aufkommen und wer garantiere eigentlich, dass die Betreiber überhaupt mieten wollen? Solle der Freistaat die Masten doch selber bauen oder den Mobilfunkanbietern das Geld dafür geben, sagt Schober.

Das Bauen von Mobilfunkmasten sei keine staatliche Bauaufgabe und Zuschüsse an Mobilfunkbetreiber verbiete das Beihilferecht, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Die Kommunen sind also nicht zuständig, der Staat auch nicht. Zuständig sind private Unternehmen. Die bauen auf dem Land keine Mobilfunkmasten, weil es sich nicht lohnt. Ihnen aber darf der Staat kein Geld geben und die Kommunen wollen es nicht. Man darf es eine vertrackte Situation nennen, die auch eine Folge der Privatisierung ist. Aber das ist noch nicht alles. Das "in Europa einmalige Förderprogramm", wie es die CSU-Fraktion in einem Dringlichkeitsantrag nennt, ist von der EU-Kommission noch gar nicht genehmigt.

Selbst wenn, Bürgermeisterin Feller würde es nicht in Anspruch nehmen. "Warum soll die Gemeinde einen Masten bauen, damit ein Unternehmen Geld verdient?" Außer all den Argumenten, die auch der Gemeindetag vorbringt, fällt ihr noch eins ein, warum Gemeinden das Programm scheuen. Die meisten in Heidenheim wünschen sich einen besseren Empfang, es gibt aber einen, der in Handystrahlen Teufelszeug sieht. Er ist mit dieser Meinung nicht in der Mehrheit, aber er ist der lauteste. "Wenn ich als Kommune einen Masten bauen würde, bin ich nicht sicher, ob ich das durchbringen würde", sagt Feller.

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