Mitten in Würzburg:Wolfs Revier

Vor ein paar Jahren formierte sich in Würzburg eine Bürgerwehr, um im verrohten Mainfranken für Recht und Ordnung zu sorgen. Jetzt stellt sich heraus: Der Chef der Landfriedenstruppe hat es mit Recht und Ordnung selber nicht so ganz genau genommen

Von Olaf Przybilla

Im Herbst 2013 waren alle ganz aufgeregt. Um Himmels willen, jetzt muss sich schon eine patrouillierende Bürgerwehr in Würzburg zusammenrotten, um im Schatten des Domes höchstselbst für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Sittenverfall, dein Name sei Würzburg.

Die selbst ernannte Sicherheitstruppe nannte sich "Lupus", Wolf also. Weil der auch in der Nacht unterwegs ist. Die Herrschaften streiften sich putzige Uniformen über, schwadronierten mit ernster Miene von Recht-und-Ordnung-und-überhaupt und führten aufgeregte Reporter durch den neuen Sündenpfuhl schlechthin: Würzburg bei Nacht.

Schauen Sie hier, dieses Zirkusplakat haben wir vor niederträchtigen Zerstörern bewahrt. Wenden Sie nun Ihren Blick hier hin, wir sind es, die eine wehrlose mainfränkische Schaufensterscheibe vor dem Schlimmsten bewahren. Von abends bis frühmorgens waren die Hobbysheriffs im Würzburger Not-Einsatz, stets im Dienst an der Sache, immer auf dem Sprung. Man hätte kichern können, wäre es ihnen nicht so ernst gewesen mit ihrem Einsatz in Mainhattan.

Und wäre das Echo auf ihre Wir-riskieren-gerade-mal-wieder-unser-Leben-Internetfilme nicht so verstörend gewesen: Jawohl, endlich tut mal einer was gegen die Verrohung im Talkessel, gegen die Unsicherheit in den Straßenschluchten, tieffliegende Bocksbeutel, erodierende Weinberge und überhaupt: das entgleitende Leben in Mainfranken!

Ach, so schön war die Zeit. Aber wie das immer ist im Leben, man wacht halt doch irgendwann wieder auf. Vor allem nach der Selbstberauschung. Erst durfte die Freizeitwacht am Main keine Uniformen mehr tragen. Und inzwischen dürfte sogar dem letzten Ordnungsjubler dämmern, vor wem die Stadt Würzburg tatsächlich geschützt werden muss.

Der Boss der Lupus-Landfriedenstruppe jedenfalls hat vor Gericht gestanden, für eine Einbruchsserie in Würzburg verantwortlich zu sein. Das Theater, diverse Autohäuser, ein Möbelgeschäft und so weiter, alles kam mal dran. Und natürlich: Die nächtlichen Streifzüge durch die Stadt seien fürs Auskundschaften geeigneter Objekte da durchaus nicht von Nachteil gewesen, erklärte er dem Richter. Er wurde zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

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