Mitten in  Würzburg:Ein Fall für den 11.11. um 11.11 Uhr

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Die Verlegung des Staatsarchivs von Würzburg nach Kitzingen ist eine Schnapsidee, die man schleunigst zurücknehmen muss. Am besten mit Humor, so wie ihn das Verwaltungsgericht Würzburg an den Tag legt. Das hat die Verhandlung über einen Fachingsscherz am 11.11. um 11.11 angesetzt

Von Olaf Przybilla

Womöglich muss man sich den Moment der Entscheidung so vorstellen: Im Finanzministerium herrschte dicke Luft, der Minister war an dem Morgen in keiner Zeitung zitiert, nicht mal ein Schmuckbild samt Bocksbeutel war zu sehen und der nächste Talkshowauftritt ließ auch noch 48 Stunden auf sich warten. Der Minister hatte morgens schon gewütet: Warum immer nur er Ideen hat, was das hier für Luschen sind, warum nur er sich den Kopf bis Mitternacht zermartert?

Brainstorming also, wer keine Idee hatte, drohte vom Minister auf die Mütze zu bekommen. Und da sagte also der Fachreferent für Behördenverlagerung-egal-wie-und-wohin: Man könnte doch das Staatsarchiv von der Würzburger Festung in eine ehemalige Kaserne nach Kitzingen verlagern. Zwei Fliegen, Herr Minister, mit einer Klappe: Die Festung ist leer für ein neues Museum. Und wir wissen endlich, was wir mit der doofen Kaserne machen. Das bringt uns: Applaus in Würzburg, Ovationen in Kitzingen! Aufatmen im Raum, alle nickten Markus Söder zu, dessen Gesichtszüge entspannten sich: So machen wir das.

Ja, jetzt muss man allerdings sagen, dass sich der Applaus inzwischen sehr in Grenzen hält. Und dass im Gegenteil die Zahl derer steigt, die eine Verlagerung eines Archivs aus einer Wissenschaftsmetropole in die Provinz für eine der schrulligsten Ideen seit dem Turmbau zu Babel halten, bei Licht betrachtet.

Kitzingen braucht kein Staatsarchiv, Archive sind weder touristische Ziele, noch sorgen sie für Jobwunder. Ganz zu schweigen davon, dass ehemaligen Kasernen dieser Tage eine wichtige Rolle zukommt und noch lange zukommen wird. Würzburg wiederum hätte genug Flächen neben der Universität, hat Bedarf und sogar Menschen, die Archive nutzen und dringend benötigen. Menschen, die künftig Fahrgemeinschaften nach Kitzingen bilden müssen zu einer Einrichtung, die dort keiner braucht.

Das Ganze ist, so muss man es leider sagen, eine Farce. Vollkommen widersinnig. Nur, wie kommt man da jetzt wieder raus? Vielleicht ein Beispiel nehmen am Verwaltungsgericht Würzburg: Das hat eine Verhandlung über einen Faschingsscherz auf den 11.11. um 11.11 Uhr gelegt. Das wäre doch auch eine schöne Uhrzeit, um die Archivpläne zurückzunehmen.

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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