Mitten in Schweinfurt:Baumschutz, der gefällt (wird)

Die CSU-Räte in Schweinfurt haben rein grundsätzlich nichts gegen Bäume, sagen sie. Und doch ist ihnen die entsprechende Schutzverordnung mehr als lästig

Kolumne von Olaf Przybilla

Durch Deutschland muss ein Ruck gehen, und wer weiß es denn: Womöglich geht er ja von Schweinfurt aus. Das klingt jetzt wie ein Witz, aber so randseitig, wie die Stadt wirken mag, war sie beileibe nicht immer. Sechs Jahrhunderte lang war Schweinfurt eine ebenso bedeutende wie freie Reichsstadt, nicht umsonst wurde hier die Leopoldina gegründet, die älteste naturforschende Akademie der Welt. Später mauserte man sich zum industriellen Kern Bayerns, und es sagt manches über die Schlüsselindustrien am Main, dass der Stadt gelegentlich die aufwendigste Luftverteidigung im Zweiten Weltkrieg nachgesagt wurde. Genutzt hat es wenig: Großflächig wurde Schweinfurt zerstört.

Ein Mittelalter-Kern samt Luftkriegszerstörung, das erklärt, warum Schweinfurt in den Broschüren der Busreiseveranstalter keinen ganz führenden Platz einnimmt. Zwar können nur Ahnungslose behaupten, die Stadt hätte keine Reize - die Dichte der Museumslandschaft ist imposant. Trotzdem eilt Schweinfurt ein graues Image voraus. Und wäre man ein bisschen böse, so könnte man die Haltung der örtlichen CSU nun so zusammenfassen: Na dann - isses ja eh scho wurscht.

Mithilfe der AfD ist es ihr gelungen, die Axt an die städtische Baumschutzverordnung zu legen. Anlass war eine geplante Änderung der Verordnung, die sich nicht bewerkstelligen ließ. Was die CSU-Räte dann für die passende Gelegenheit gehalten haben, mal ein paar grundsätzliche Ansagen zu machen: Schluss mit der Gängelei! Jeder soll gefälligst selbst darüber entscheiden, welchen Baum er im Garten noch ertragen mag und welchen nicht! Freiheit auch für Baumhasser!

Wobei sich Schweinfurts CSU mit Abscheu und Empörung dagegen verwahrt, etwas gegen Bäume zu haben. Gott bewahre. Sie hat nur was gegen die Verordnung zu deren Schutz. Womit man nun bei dem Ruck wäre, der von Schweinfurt ausgehen könnte: Für Bildung - gegen Schulpflicht! Für Geschichte und Kultur - gegen Denkmalschutzgängelei! Für die Verfassung - gegen deren Schutz!

Ach, es ist ein großes und schön zu Ende gedachtes Menschenbild, dem die Schweinfurter CSU da anhängt. Nur ein paar Ignoranten verstehen's wieder mal nicht. Am 28. Januar entscheiden die Bürger, ob diese Verordnung gefällt (wird).

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