Mitten in Regensburg:Im Möbelhaus auf Kopfgeldjagd

Im Wilden Westen war es üblich, mit anschaulichen Bildern nach Verbrechern zu suchen. Heutzutage gibt es so etwas wie Persönlichkeitsrechte - auch für mutmaßliche Diebe.Bei XXXLutz gelten die allerdings nicht für jeden

Von Lisa Schnell

Regensburg liegt eigentlich im Osten. Cowboys und Indianer werden dort recht selten gesichtet und auch der schwarze Sheriff alias Innenminister Joachim Herrmann taucht nur zu Fasching weit weg in Veitshöchheim auf. Und trotzdem ist Regensburg dem Wilden Westen näher als gedacht.

Denn dort fand sich kürzlich so etwas wie ein modernes Fahndungsplakat. Aus den Zeiten von Winnetou kennt man sie als vergilbte Blätter, die neben der Schwingtür zum Saloon flatterten, bis dann ein Kopfgeldjäger vorbeistapfte, seine Sporen zusammenschlug und sich auf die Jagd nach dem Vogelfreien machte. "Tot oder lebendig", hieß es damals. Ganz so brachial formulierten sie es im wilden bayerischen Osten nicht. Auf die Polizei aber wollte man sich dort eher nicht verlassen, zumindest nicht die Leitung des Möbelhauses XXXLutz. Die war über einen vermeintlichen Diebstahl eines Kinderwagens aus ihrem Geschäft so "emotional aufgewühlt", dass sie ihre Kundschaft animierte, auf Kopfgeldjagd zu gehen. In ihrem Schaufenster hängte sie einen Ausdruck ihrer Überwachungskamera auf, der die angeblichen Diebe zeigte: eine Frau und zwei Kinder, eines davon ein Baby. Das konnte man sehr genau erkennen. Die Mühe, die Gesichter der immerhin Minderjährigen zu verpixeln, machte man sich nicht. Haben sie damals im Wilden Westen ja auch nicht gemacht. Wie sollte man die vermeintlichen Übeltäter sonst auch erkennen? Immerhin versprach XXXLutz 100 Euro Belohnung für gute Hinweise. Ganz zur Überraschung der Möbelhausleitung begaben sich viele Kunden aber nicht gleich auf die Jagd, sondern blieben entrüstet vor den Plakaten stehen. Sie redeten von Datenschutz und Persönlichkeitsrechten.

Mit solchen neumodischen Bedenken musste sich schon einmal ein Geschäftsmann in Regensburg herumschlagen. Im Internet zeigte er Ladendiebe in Aktion auf "Klau-TV". Nach Protesten stellte er es sein. Auch XXXLutz teilte nun mit, der Hausleitung sei mittlerweile bewusst, dass es eigentlich die Aufgabe der Polizei sei, nach Ladendieben zu suchen. Kann ja mal passieren, so lange gibt es den Rechtsstaat ja noch nicht. Und der Wilde Westen ist ja auch irgendwie spannender.

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