Mitten in Nürnberg:Zwei Meister mit Papierflieger

Der Finanzminister hat eine halbe Million Euro allein fürs Dürer-Airport-Marketing lockergemacht, da könnte man sich einiges vorstellen

Von Olaf Przybilla

Schaut gar nicht so schlecht aus, wie er da durch die Glasfassade schimmert. Ein überlebensgroßer Dürer verziert neuerdings Tor 1 des Nürnberger Flughafens und natürlich ist es das Selbstbildnis des Meisters, das da auf einige Meter Höhe aufgeblasen wurde. Der Flughafen, muss man dazu wissen, ist 60 Jahre alt, heißt aber seit vier Monaten nicht mehr Flughafen, sondern "Albrecht Dürer Airport". Und verantwortlich dafür zeichnet, so zumindest steht es in der Helden- und Legendenfibel der Stadt, kein anderer als der eigentliche Meister aus Nürnberg: Markus Söder.

Einen Gag hat man sich erlaubt beim Riesen-Dürer von Tor 1. Während sich die zartgliedrigen Finger der rechten Hand des Meisters im Original am Pelzrock festklammern, hält der Airport-Albrecht einen gefalteten Papierflieger in der Hand. Humor von Marketingmenschen, nicht jedermanns Sache. Andererseits hat man schon ranwanzendere Werbung gesehen, der Effekt an diesem an Effekten eher nicht so reich gesegneten Flughafen stellt sich durchaus ein.

Nun läuft das in Nürnberg ja üblicherweise so: Es gibt ein Fotomotiv mit möglicher Söder-Pose, irgendwas halt, Hauptsache mit Söder, und dann geht's nur noch darum: Wer schafft alle ran, damit der Minister richtig ins Bild gerückt wird? Wo ist der Bayerische Rundfunk? Ist Reuters da? Bisschen Lounge-Musik noch und Frankenwein aus dem Örtchen Beckstein fürs Lokalkolorit. Läuft.

Und diesmal? Immerhin hat der Finanzminister eine halbe Million Euro allein fürs Dürer-Airport-Marketing lockergemacht, da hatte man sich auf eine solide Fotostrecke in etwa 79 Etappen einstellen dürfen. Söder vorne, der Riesenflieger-Dürer dahinter, zwei Meister aus Mittelfranken, was für ein Motiv.

Aber nichts davon. Warum das? Man weiß es natürlich nicht, aber es könnte theoretisch daran liegen, dass das erste Dürer-trifft-Söder-Fotoshooting nicht so ganz optimal geklappt hat. Der Minister hatte im Dezember ein Selfie geschossen, Motiv: Söder vor Selbstbildnis. Und hatte sich dabei selbst fotografieren lassen. Das Blöde damals: Das Selbstbildnis im Hintergrund stammte nicht von Dürer, sondern von einem dilettierenden Kopisten. Auf Erinnerungstexte daran kann Söder womöglich gern verzichten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: