Mitten in Nürnberg:Mit Zwang zum Glück

Die Nürnberger sind von Haus aus bescheiden, das sagt man ihnen wenigstens nach. Vielleicht fällt deswegen der Jubel leise aus, als Ministerpräsident Seehofer eine Uni für die Stadt ankündigte. Und vielleicht geht es deswegen so schleppend mit dem Max-Morlock-Stadion voran. Bis sie endlich jemand zwingt zu ihrem Glück

Von Olaf Przybilla

Nur mal so angenommen als Gedankenspiel: München hätte keine eigene Universität. Das klingt jetzt wie: Stellen Sie sich Söder ohne breite Beine vor. Aber wenn man sich anstrengt, schafft man's. Dann kommt, auch das nur als Gedankenspiel, der Ministerpräsident nach München und sagt: Leute, so kann's nicht bleiben. Die Nürnberger haben zwei riesige Universitäten (Gedankenspiel!), die Stadt wächst und gedeiht und wuchert, da darf doch München nach all den Jahren auch seine erste eigene Uni bekommen. Steuern zahlen die Leute ja hier wie dort - da wäre ein wenig Augenhöhe doch geboten.

München würde wohl so reagieren: Sorry, das war jetzt aber auch überfällig! Die Zeitungen wären voll von "oh Wunder, nach sieben Jahrzehnten sagt's mal einer". Die Reporter würden jubeln, aber auch schnauben, warum das so lange gedauert hat. Und dann würde es nur noch darum gehen: Jetzt aber dalli gefälligst! Weil von wohl tönenden Versprechungen ist noch keiner satt geworden.

Nun ist das jüngst - Ende des Gedankenspiels - in Nürnberg exakt so passiert. Seehofer hat der Halbmillionenstadt eine Uni versprochen. Der expressionistische Jubel-Schrei ist aber ausgeblieben. Stattdessen melden sich großflächig Bedenkenträger zu Wort: Uni? Gibt's das so ähnlich nicht schon? Wird das am Ende gar eine Doppelstruktur? Oder auf Fränkisch: Brauche mir des?

Das sind protestantisch vernünftige, vom Gemeinsinn getragene Gedanken. Man kann die Franken nur loben dafür. Aber sie sind wohl auch ein Hinweis darauf, warum es Nürnberg nicht ganz so gut geht wie, sagen wir, einer Landeshauptstadt im Süden. Ist der Nürnberger womöglich ein wenig: selbst schuld?

Am Sonntag endet übrigens die Frist, in der Club-Fans aufgerufen waren, für ein Max-Morlock-Stadion zu sammeln. Seit zehn Jahren füllt das ganze Kataloge: Wir-wollen-ein-Morlock-Stadion! Jetzt hat eine Bank angeboten: Sammelt ihr 800 000 Euro, dann bekommt ihr's. Es wurden kümmerliche 260 000 Euro. Eine Bank? Sind das nicht Kapitalisten? Brauche mir des? Das Projekt ist also gescheitert. Eigentlich. Aber die Bank tauft das Stadion wohl trotz allem auf den Namen Morlock. Um Franken zu beglücken, muss man halt Zwang anwenden.

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