Mitten in Nürnberg:Forschungsfeld CSU

Die neue Uni, die der CSU für Nürnberg vorschwebt, soll auf jeden Fall von internationaler Bedeutung sein. Die bayerische Alleinregierungspartei selbst wäre ein lohnendes wissenschaftliches Thema für Studenten aus aller Welt

Von Claudia Henzler

Vieles, was mit der geplanten Eliteuniversität in Nürnberg zu tun hat, ist noch offen. Soll sie nun eher 10 000 Studenten haben, wie Ministerpräsident Horst Seehofer am Samstag in Aussicht stellte - oder doch die ursprünglich angekündigten 6000? Auf jeden Fall soll sie international bedeutend sein. Wahrscheinlich ist außerdem, dass sie auf ein übergeordnetes Thema ausgerichtet wird, mit dem sich Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen auseinandersetzen dürfen. Ein Forschungsfeld mit Alleinstellungsmerkmal drängt sich da natürlich geradezu auf, nämlich das Regierungshandeln der CSU. Die besten Köpfe sind gefragt, um endlich fundiert zu klären, wie man andere Parteien für immer am Rande der Bedeutungslosigkeit halten kann.

Jura- und Marketing-Studenten aus aller Welt könnten sich der genialen Konstruktion widmen, mit der man unangefochten zur einzigen Partei in Deutschland wird, die gleichzeitig eine Regional- und eine Bundespartei ist. Was bekanntlich den Vorteil bringt, dass der CSU-Generalsekretär zu bedeutenden öffentlich-rechtlichen Fernsehrunden eingeladen wird, während die Bayern-SPD nur neidisch schaut. Historiker könnten zusammen mit Statistikern auswerten, wie oft man den Landtag mit inhaltslosen Sitzungsvorlagen abspeisen kann, bevor Abgeordnete aufbegehren. Psychologiestudenten und Medienwissenschaftler könnten erforschen, ob Markus Söders Erfolg darin begründet liegt, dass die Betreffzeile seiner Pressemitteilungen IMMER IN GROSSBUCHSTABEN GESCHRIEBEN WIRD.

Auch zum Thema Überraschungsei-Politik müsste es natürlich Seminare geben, ein Lehrbeispiel wird die neue Uni dann ja gleich vor der Haustür haben: die Nürnberger Zweigstelle des Deutschen Museums. Man darf gespannt sein auf die Analyse von Politikwissenschaftlern und Linguisten: Wie kann man so ein Projekt über Jahre am Landtag vorbei planen? Wie gelingt es, bis zum Ende offenzuhalten, in welcher Höhe sich der Staat beteiligen wird - wenn es dann 100 Prozent sind? Wie schafft man es, die Kritik an diesem Regierungshandeln auf eine Neiddebatte zu verkürzen? Mit diesem Programm wäre Nürnberg der Titel Spitzen-Uni sicher.

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