Mitten in Nürnberg:Baden statt Barden

Das unverwechselbare Bardentreffen soll möglicherweise einem dieser austauschbaren Stadt-Badestrände mit, oh là là, Honululu-Flair weichen. Das wäre ein Unding

Von Olaf Przybilla

Das Nürnberger Bardentreffen gehört zu den Veranstaltungen, für die man keine Werbung machen sollte. Denn zum Glück gibt es immer noch Menschen, die sich vom Namen dieses Festivals abschrecken lassen, die dort Lautenschläger in Ritterrüstung erwarten oder problembewusst schrammelnde Zausel. Und das ist gut so, schließlich kommen zu diesem Fest der Weltmusik etwa 200 000 Menschen in die Altstadt. Was einen an den König der Molosser erinnert und seinen Satz: "Noch so ein Sieg, und ich bin verloren." Ja, noch mehr Zuspruch und das an sich herrliche Festival könnte irgendwann nicht mehr ganz so herrlich sein. Es gibt eben nur beschränkten Platz in einer Altstadt mittelalterlichen Zuschnitts.

Ursprünglich war das Bardentreffen wohl tatsächlich eher als Angelegenheit für den anspruchsvollen Sozialpädagogen gedacht. Daher auch der Name im Gründungsjahr 1976. Aber das Fest hat sich entwickelt. Ende Juli wird man diesmal Rainald Grebe, Georg Ringsgwandl und Attwenger hören können, kostenlos und in ansprechender Kulisse. Dass so was Publikum nicht nur aus dem Nürnberger Land anlockt, versteht sich.

Nun könnte man erwarten, dass so eine Erfolgsgeschichte quasi sakrosankt sein müsste. Ist sie aber nicht, denn in Nürnberg gibt es seit fünf Jahren eine andere Lustbarkeit, die im Sommer Massen anlockt. Stadtstrand nennt sich das Hüttendorf, das genau so unverwechselbar und originell ist, wie es eine hingekarrte Sandbank mit, oho, Honoluluflair in einer Großstadt nun mal ist: gar nicht. Die Leute kommen trotzdem, und viele fordern in allerlei Foren, dass sie künftig bitte von Mai bis August ihre landfränkisch-karibische Ader ausleben dürfen.

Bislang dürfen sie das nur bis Ende Juli, eben bis die Barden kommen. Weil auf der Insel Schütt, wo der Franke die Adiletten überstreift, traditionell eine der schönsten Bühnen des Festivals steht. Aber zu dem Festival kommt eben Kulturpublikum, viele davon aus der Ferne, die dürfen in Nürnberg keine Kommunalpolitiker wählen. Und so mehren sich gerade die Stimmen, vor allem in der CSU, ob die Barden nicht vielleicht woanders singen könnten. Für eine Stadt, die europäische Kulturhauptstadt werden will, wäre das ein interessantes Signal.

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