Mitten in Ingolstadt:Kulturelles Klein-Klein

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Muss ein Kulturbeauftragter etwas von Kultur verstehen? In Ingolstadt offenbar nicht unbedingt

Von Andreas Glas

Der Ingolstädter Oberbürgermeister hat also doch Sinn für Kultur, für die Faschingskultur zumindest. Zum ersten Mal seit 17 Jahren gab es am Rosenmontag wieder einen Umzug durch die Innenstadt, OB Christian Lösel (CSU) war mittendrin und hatte einen Sombrero auf. Und dennoch: An seinem Ruf als Kulturbanause dürfte der Sombrero nichts ändern, eher im Gegenteil, denn es gibt auch in Ingolstadt Menschen, die den Fasching für eine ziemlich unkultivierte Angelegenheit halten. Dass einige dieser Menschen nun trotzdem ganz narrisch sind, hat mit einer Personalentscheidung zu tun, die der Stadtrat passenderweise am Unsinnigen Donnerstag getroffen hat.

Am Donnerstag nämlich bestimmte die Mehrheit der Stadträte den Kandidaten Tobias Klein zum neuen Ingolstädter Kulturmanager. Seitdem herrscht Aufruhr in den Kulturkreisen der Stadt, und das hat gleich zwei Gründe. Erstens kann Wirtschaftsingenieur Klein keine besonderen Kenntnisse im Kulturmanagement vorweisen - im Gegensatz zu einem durchgefallenen Bewerber, der früher Verwaltungsdirektor an den Theatern in Gießen und Freiburg war und danach zwölf Jahre kaufmännischer Direktor des Regensburger Theaters. Und zweitens - das macht die Sache erst recht g'schmackig - ist Tobias Klein der Ehemann der Stadträtin Patricia Klein, die sich gerade als Kandidatin für den Fraktionsvorsitz der Rathaus-CSU in Stellung bringt.

Was die Kulturszene von diesem Ingolstädter Klein-Klein hält? Der Chefdirigent des Georgischen Kammerorchesters findet zum Beispiel, dass die Personalie Klein ungefähr so nachvollziehbar ist, als würde man ihn, den Dirigenten, zum Chef einer Audi-Fabrik machen. Unqualifiziert, peinlich, inkompetent - das sind so die Adjektive, die zurzeit in der Kulturszene die Runde machen. Und natürlich ist auch die Rede von "Filz", ein SPD-Stadtrat hat diesen Verdacht ganz offen ausgesprochen. Christian Lösel dagegen findet überhaupt nichts Anrüchiges an der Personalie Klein. Der Filz-Vorwurf lässt sich ja leicht entkräften. Mit Filz hat der OB nämlich überhaupt nichts am Hut, jedenfalls nicht an seinem Faschingssombrero, der ist definitiv aus Stroh.

© SZ vom 12.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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