Mitten in Bayern:Wenn es nass hineingeht

Weil unklar war, ob es bei einem Anwohner wirklich Wasser in den Keller drückt, ordnete der Bürgermeister von Waakirchen einen pragmatischen Versuch an: Die Feuerwehr sollte die Straße fluten, dann würde man ja sehen

Von Matthias Köpf

Damit eine Ruhe ist, muss halt manchmal was passieren. Und dass speziell in dieser Sache endlich eine Ruhe sein muss, das ist für Sepp Hartl klar. Folglich müsse man irgendwann einmal zur Tat schreiten, verkündete der Bürgermeister der oberbayerischen Gemeinde Waakirchen. Hartl, der sowieso stets den Eindruck macht, als schreite er zu irgendeiner Tat, obwohl das Schreiten im engeren Sinn eigentlich gar nicht so seins ist, ließ dann jedenfalls die schmale Straße hinauf zum Friedhof im Ortsteil Schaftlach nebst dem gepflasterten Vorplatz der dort kürzlich gebauten Häuser fluten. Und wenn es dem Nachbarn unterhalb nun wirklich nass hineingehen würde, dann hätte dieser Nachbar mit seinen dauernden Beschwerden halt recht gehabt. Und die Feuerwehr hätte das Wasser dann ja einfach wieder abdrehen und ihm stattdessen den Keller auspumpen können.

Eines hat Hartl aber vorher noch klargestellt, weil da womöglich ein Missverständnis aufgekommen sei. Die Brotzeit und das Bier gebe es hernach nur für die Feuerwehr und vielleicht für die Gemeinderäte, die für diesen Schluckversuch alle ihren Feierabend opferten. Dabei hätte das Ganze fast ein Fest werden können: An die 100 Schaulustige waren gekommen, ganze Familien, Mädchen in Dirndln. Einige ältere Herren hatten sich hinter der Friedhofsmauer aufgereiht, um das Spektakel von dort zu verfolgen. Dem Unterlieger, einem muskulösen, glatzköpfigen Mann mit zornigen Schläfenadern, war nicht nach Feiern. Mit dem wegen der Brotzeit nur leicht enttäuschten Publikum teilte er aber eine gewisse Unzufriedenheit darüber, dass die Flut nicht flächendeckend wie ein richtiger Regen niederging, sondern bereits bodennah aus den B-Rohren der Feuerwehr quoll. Die Flüchtlinge, für welche die Gemeinde die neuen Häuser hatte bauen lassen, integrierten sich zwar auffallend gut ins Publikum, ließen aber nur wenig Verständnis für die Schaftlacher Lokalpolitik erkennen. Unterdessen rauschte es in den gemeindlichen Gullys, und als die Feuerwehr den privaten Sickerschacht in Nachbars Garten direkt befüllt hatte und das Wasser daraus kaum ablaufen mochte, war dann eine Ruhe. Als nächstes wollen alle Beteiligen miteinander reden.

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