Mitten in Bayern:Strategisch geht anders

Die CSU holte auch diesmal wieder alle Direktmandate. Aber nicht nur, weil die Wähler die Kandidaten uneingeschränkt toll finden. Sondern auch deswegen, weil viele Grüne- und Linken-Anhänger nicht strategisch wählen

Von Claudia Henzler

Mit Spannung wurde am Sonntag auf den Wahlkreis München-Nord geschaut, der lange der letzte rote Fleck im schwarzen Meer der bayerischen Erststimmenergebnisse war. Knapper wurde das Rennen diesmal aber in Nürnberg. Auch dort hat der Norden eine SPD-Geschichte, man muss allerdings weit zurückblicken, um sie zu finden. Fast bis zu der Zeit, als Renate Schmidt noch dem Bundestag angehörte. Sie hatte den Wahlkreis Nürnberg-Nord zweimal gewonnen, danach gelang das 1998 noch dem späteren SPD-Minister Günter Gloser. Von 2002 an konnte sich dann immer wieder die CSU-Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl durchsetzen. Die aber war diesmal nicht mehr angetreten - und der neue Kandidat Sebastian Brehm auch nach seiner krachenden Niederlage gegen Ulrich Maly bei der Oberbürgermeisterwahl kein überregional bekanntes Schwergewicht.

Letztlich hat Brehm mit dem bayernweit schlechtesten Erststimmenergebnis der CSU gewonnen, mit nur 8272 Stimmen Abstand vor der SPD-Bewerberin Gabriela Heinrich. Die Abgeordnete konnte sich zwar über gut 10 000 Kreuzchen von Wählern freuen, die ihre Zweitstimme anderen Parteien gaben, doch die Mehrheit der Grünen- und Linkenwähler votierte für weniger aussichtsreiche Direktkandidaten. Da eine relative Mehrheit der Erststimmen für den Sieg reicht, muss ihnen klar gewesen sein, dass sie damit dem CSU-Bewerber ins Amt verhelfen würden. Das ist ihr gutes Recht und kein Plädoyer für weniger Direktkandidaten. Vielfalt ist wichtig und lokale Kandidaten sind für die Parteien unentbehrlich. Manchem Wähler mag es außerdem darauf ankommen, den Marktwert eines Bewerbers innerhalb der Parteien zu steigern. Vielen ist vielleicht auch egal, wer das Direktmandat bekommt, weil der Proporz durch das komplizierte Wahlrecht ohnehin wieder ausgeglichen wird.

Wenn sich die CSU jetzt aber daran aufrichtet, dass sie alle Direktmandate gewonnen hat und daraus schließt, dass sie doch vieles richtig gemacht haben muss, liegt sie falsch. Tatsächlich hat sie das schwarze Meer auch den SPD- und Grünen-Wählern zu verdanken, die sich nur selten entschließen, ihre Erststimmen strategisch einzusetzen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: