Neue Skulptur:Stolze Staffelbrunser in Miltenberg

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Miltenberger Geschichten: (Foto: Ursula Scharnitzky)

Was die in Brüssel können, können die Miltenberger schon lange, meinen die Miltenberger. Denn wo Brüssel ein Manneken Pis hat, hat das kleine Fachwerkstädtchen gleich drei Staffelbrunsä.

Glosse von Olaf Przybilla

Helmut Demel ist bestimmt keiner, der notorisch zur Großsprecherei neigt. Demel ist Bürgermeister im fränkischen Miltenberg, wo sie ohnehin ein gesundes Selbstbewusstsein an den Tag legen, da braucht es das nicht. Die Miltenberger wohnen nahe genug an Frankfurt, um wirtschaftlich zu profitieren. Sie sind aber auch weit genug davon entfernt, um in Ruhe leben zu können.

Und sie sind stolz auf ihren Fachwerkmarktplatz, den nur Banausen nicht zauberhaft finden können. Demel spricht mit einem leicht hessischen Einschlag, Goethe könnte in seinen letzten Jahren in Weimar so gesprochen haben. Er sagt: "Wir haben hier drei echte Staffelbrunsä, die sollten dem Manneken Piss schon den Rang ablaufen."

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Das klingt nun doch nach Großsprecherei. Immerhin gilt das wasserlassende Männlein als ein Wahrzeichen von Brüssel, wo es schon auch ganz schön sein soll. Aber der Bürgermeister lässt sich da nicht beirren. Dieses Manneken in Brüssel, insistiert Demel, "das ist ja klitzeklein und bieselt nur so ein kleines Bögelchen". Während eben die Staffelbrunser aus Franken jetzt zu dritt seien, stämmige Burschen mit großen Bögen und also - Demel korrigiert sich da noch leicht im Ausdruck - "dem Manneken schon den Rang abbieseln sollten".

Es ist so: In Miltenberg gibt es ein neues Kunstwerk, um auf der sicheren Seite zu sein, hat man es mit einer Erklärtafel versehen. Zu sehen sind drei Herren beim Wasserabschlagen, was erst mal nicht so ganz dem Zeitgeist zu entsprechen erscheint, in Miltenberg aber gewissermaßen zur Stadt-DNA gehören soll. Dort hatten sie über Jahrhunderte mit dem Main zu kämpfen, und wenn der kam und über die Ufer trat, wurde mit Wasser ordentlich dagegengehalten.

Der Main nimmt sich unser Häuserl, das sich traditionell nicht im Haus befand, soll er doch sehen, was er davon hat. So sahen es die Miltenberger und tragen ihren Ehrentitel mit Stolz. Es gibt Staffelbrunserkrüge, Staffelbrunserstammtische und nun eben auch noch einen Staffelbrunserbrunnen. Weil die Einheimischen, die Erklärtafel legt da sehr genau Rechenschaft ab, "von den Stufen (Staffeln) ihrer Häuser herunter uriniert (gebrunst) haben sollen". So plastisch ist das in Brüssel tatsächlich nicht erklärt.

© SZ vom 29.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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