Mitten in Bayern:Seifenoper mit extra Käse

Wo die Pizzeria erfunden wurde? In Franken natürlich, wo denn sonst?

Von Olaf Przybilla

Am 24. März 1952 eröffnete Nicolino di Camillo die erste Pizzeria auf deutschem Boden. Und selbstredend begann der Siegeszug des heißen Tomatenbrots mit zerlaufenem Käse exakt dort, wo eine italienische Seifenoper nördlich der Alpen ja förmlich beginnen muss: Dort, wo italienische Baumeister ihren Traumort auf bayerischem Boden gefunden haben, wo sie ihr Handwerk ausleben konnten, sie nicht nur im Sommer ein geradezu mediterranes Klima vorfanden und wo die schönen Künste ebenso eine Heimat haben wie der Wein. Pardon: in München? Also bitte!

Natürlich ist hier von Würzburg die Rede, Würzburg in Unterfranken. Und ja, die Geschichte des Nicolino di Camillo dürfte eine der schönsten Erfolgsstorys mit Migrationshintergrund sein, die die alte Bundesrepublik Deutschland je hervorgebracht hat. Sie begann nicht gleich in Würzburg, ebenfalls aber auf fränkischem Boden: in Nürnberg. Dort, in der US-Soldatenabsteige "Country Club", lernte Nicolino, ein Auswanderer aus den Abruzzen, nicht nur die Pizza in ihrer heute üblichen Form kennen: Als Restaurant-Gericht war die in den USA längst ein Renner, während sie in Italien damals noch als schnelles Bäckerei-Produkt galt. Nicolino beobachtete auch, wie verrückt der gemeine US-Soldat nach diesem runden Stück Teig war.

Wie in jeder guten Seifenoper fehlte nun noch eine Frau. Dass es eine bildhübsche Balletttänzerin des Nürnberger Theaters war, wirkt fast ein bisschen dick aufgetragen. War aber eben so: Janine Schmitt, spätere di Camillo, tanzte in Nürnberg, stammte aber aus Würzburg. Dort, in der Elefantengasse 1, im vormaligen "Uffenheimer Bräustüble", eröffneten Nicolino und Janine di Camillo im Frühling 1952 die erste Pizzeria Deutschlands. Der Siegeszug konnte beginnen.

Wer hat's erfunden? Nein, kein Franke. Aber eben in Franken. Was direkt zur Jeans führt, die bekanntlich ein Franke, wenn auch nicht in Franken erfunden hat: Levi Strauss, geborener Löb Strauß aus Buttenheim. Und danach zum MP 3, zur Bionade, zum Bobby-Car und, versteht sich, zu Heisenbergs Quantenmechanik. Alles irgendwie von oder aus Franken und alles noch bis zum 30. Oktober auf der Festung in Würzburg zu sehen. Titel der Schau: "Patente Franken".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: