Mitten in Bayern:Nicht schön gibt's nicht

In Tegernsee vollzieht sich eine seltsame Form von Neiddebatte - weil Flüchtlinge in ein ehemaliges Hotel einziehen

Von Matthias Köpf

Neid wird es schon nicht sein, denn ein Grundstück am Tegernsee haben sie ja selber. Aber teuer war es damals schon, dieses Grundstück. Und dann wurde es noch mehr wert und dann noch viel mehr. Und jetzt? Mindestens ein Drittel verliere ihr Anwesen an Wert, sagen manche Nachbarn, und andere schätzen den Preisverfall fürs Ferienhaus gar auf 40 Prozent. Und allein für das, was da an privatem Vermögen vernichtet werde, könne der Staat doch anderswo auch eine schöne Flüchtlingsunterkunft schaffen, so schimmert es durch. Obwohl: So schön wie hier, direkt in Tegernsee, müsse diese Unterkunft dann ja nicht unbedingt werden. Nicht mit Schwimmbad und Sauna und mit vier Sternen. Aber anderswohin, das müsste sie aus Sicht mancher Anwohner auf jeden Fall. Und aus dem Hotel hätte ja auch ein Altenheim werden können.

Im Miesbacher Landratsamt, das im Namen des Freistaats von Juni an das Hotel Bastenhaus in Tegernsee als Flüchtlingsunterkunft mieten wird, sieht man das alles anders. Dort hat man für das geschlossene Hotel statt der angeblichen vier sowieso nur drei Sterne gezählt. Das Schwimmbad und die Sauna würden künftig schon wegen der Heizkosten nicht benutzt. Und in der nahen Seesauna seien auch keineswegs besorgte Nachfragen in punkto Intimsphäre und Sicherheit eingangen. Der bisherige Hotel-Pächter habe seinen Vertrag nicht verlängern wollen, und so nutze man das etwas abgewohnte Haus mit seinen 42 Betten eben als Unterkunft für bis zu 60 Asylbewerber. Die 18 fehlenden Schlafplätze sollen mit Stockbetten von der Stange geschaffen werden, wie sie in allen Unterkünften üblich sind. Auch in der Turnhalle des Tegernseer Gymnasiums, in der bis vor Kurzem 200 ausschließlich männliche Asylbewerber untergebracht waren. Sie ziehen dort gerade nach und nach aus. Mit 60 laut Landratsamt "handverlesenen" Flüchtlingen im Bastenhaus erfülle die bisher überproportional belastete Stadt Tegernsee dann genau ihre kreisinterne Aufnahmequote. Landschaftliche Schönheit sei da kein Kriterium. Und nicht so schöne Plätze gibt es am Tegernsee nun einmal nicht. Daher auch die hohen Immobilienpreise. Doch alle Armen aufpasst: Angeblich wird's am See gerade günstiger.

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