Mitten in Bayern:Frankens Traum und Trauma

Die Franken müssen sich was einfallen lassen, um nicht mehr hintendran zu sein: Ein zwei Kilometer langer Hefezopf und ein Faschingszug im Sommer sollen es richten

Von Lisa Schnell

Immer ist der Franke hintendran, immer muss er sich hinten anstellen. Das betont er - eingenistet in seiner scheinbar unverrückbaren Benachteiligung - gerne selbst. Arm fühlt er sich, aber nicht sexy wie die Berliner. Im Tatort ist er jetzt zwar, großstädtisch dann aber doch nicht. Immer fühlt sich der Franke in jenem Schatten, den die meist hoch gereckten oberbayerischen Nasen auf ihn werfen. Einmal nur auch oben stehen, einmal selbst herabblicken können, nicht immer Schlusslicht sein bei Bayerns Rekorden, selbst einen Rekord aufstellen - egal bei was. Das muss der ewige Traum sein, in den sich die Franken flüchten, wenn bei ihnen mal wieder früher als bei anderen das Licht ausgeht. Er ist es sicher in Frammersbach.

Zum dritten Mal wollte die Gemeinde in Unterfranken jetzt ins Guinnessbuch der Rekorde. Erst mühten sie sich ab an einem fast zwei Kilometer langem Hefezopf - vergebens. Dann hatten Mitgliedern der Faschingsgemeinschaft die Idee, auch mal in den heißen Monaten ihre Narrenkappen aufzusetzen. Den Rekordtitel für den längsten Faschingsumzug im Sommer brachte ihnen das nicht, dafür aber brüsk den Rausschmiss aus dem Fastnachtverband Franken. Jetzt wollte die Faschingsgemeinschaft von Frammersbach es mit einem zwei Kilometer langen Dirndl-Gaudiwurm versuchen. Mehr als 2900 Frauen und Männer in Tracht hätten sich dafür am Sonntag durch das kleine Dorf schlängeln müssen. Am Ende waren es nicht einmal tausend. "Wir sind gescheitert", sagte Faschingsvorstand Edmund Mill. Dabei hatten sie so viel auf sich genommen. Sogar riskiert, dass der Trachtenaufmarsch einige stark an das Oktoberfest erinnern könnte. Und das liegt bekanntermaßen ja im Land der Oberbayern, mit denen die Franken in gegenseitiger Miss- und Verachtung seit Jahrzehnten verbunden sind. Auch wenn die fränkische Seele leidensfähig ist, hätte manch einer fast tausend Frauen und Männer doch lieber in rein fränkischer Tracht gesehen. Aber vielleicht wenn der Ministerpräsident von Bayern mal Markus Söder heißen sollte, dann wird die Frankentracht Pflicht für ganz Bayern. Bis dahin bleibt den Franken in Frammersbach nur, es wieder mit dem Weltrekord zu versuchen - zum vierten Mal.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: