Mitten in Bayern:Echter Söder, falscher Dürer

Die beiden Meister aus Nürnberg auf einem Bild. Mehr geht nicht. Das Ganze kann aber auch in einem Selfie-Albtraum enden

Von OLaf Przybilla

Markus Söder hat schon bewundernswert viele Selfies gemacht im Leben. Und bereut hat er sicher noch keines, was kein Wunder ist bei dem Motiv. Obwohl?

Doch, da war womöglich eines. Dezember 2014, im Kalender des Ministers steht ein Termin, der wie gemacht ist für einen Mann seines Formats. Anberaumt ist er an einem seltsam namenlosen Ort, der damals noch "Flughafen Nürnberg" genannt wird. An diesem Tag aber soll sich alles ändern. Nie wieder No-Name-Produkte für kleine Würstchen. Seit jenem Tag heißt dieser ehemalige Nichtort: Albrecht-Dürer-Airport. Yeah.

Der Mann, der diese epochale Umbenennung für sich in Anspruch nehmen kann, ist kein anderer als der Minister selbst. Idee: Söder. Finanzierung: Söder. Rede: Söder. Fotos: auch Söder.

Man könnte jetzt sagen, dass der ganze Tag ein einziges Fest gewesen sein muss für Söder. Aber man kann es auch anders, weniger spekulativ formulieren. Für ihn war der Tag definitiv ein Fest. Es gibt schließlich dieses Beweis-Selfie von Söder. Was für ein Bild: Der Minister, breitest mögliches Lächeln, vor bläulich an die Wand projiziertem Selbstporträt Dürers. Die beiden Meister aus Nürnberg auf einem Bild. Mehr geht nicht.

Keine Häme jetzt bitte. Jeder hat schon den Tag nach dem Rausch erlebt, der gehört einfach dazu. Bei Söder trat der nicht sofort ein. Sondern etwas später, als er die Zeitung aufschlug. Das Porträt, vor dem er sich abgelichtet hatte, war nicht Dürers Selbstporträt im Pelzrock. Sondern eine historische, im Internet kursierende Billigkopie. Ein Mensch aus einer Werbeagentur hatte aufs falsche Bild geklickt. Ein echter Söder also vor falschem Dürer. Ein Albtraum.

Andererseits: Man kann so was heutzutage auskurieren. Notwendig ist dafür allerdings die schonungslose Konfrontation mit dem Vergangenen, das sagen einem alle Psychologen. Eine Gelegenheit böte sich Söder derzeit in Tüchersfeld, im Fränkische-Schweiz-Museum. Dort wird gerade eine historische Kopie von Dürers Selbstporträt gezeigt, sie stammt von Abraham Wolfgang Küfner, einem 1760 in Betzenstein geborenen Meisterfälscher. Die ist nicht ganz so übel wie die, vor der Söder damals posierte. Für ein peinliches Selfie aber taugt die auch.

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