Mitten in Bayern:Die Pest und das viele Geld

Die Oberammergauer leben gut mit ihrem Passionsspiel, alle zehn Jahre kommen deswegen eine Menge Touristen in den Ort. Die bringen viel Geld mit und um das wird jetzt vor Gericht gestritten

Von Matthias Köpf

Über die Jahrhunderte hinweg sind die Passionsspiele in Oberammergau ein voller Erfolg. Denn die Pest hat sich an ihren Part des Gelübdes von 1633 gehalten und den Ort nicht mehr heimgesucht, seit die Oberammergauer regelmäßig die Passion auf die Bühne bringen. Statt der Pest oder marodierender Schweden wie im Dreißigjährigen Krieg kommen längst die Touristen, und das nicht zum Schaden der Oberammergauer. Aber zu gut soll es denen offenbar nicht gehen: Wohl um sie vor Hoffart zu bewahren, ist den Oberammergauern ein ewiger Streit darüber auferlegt, wie sie erst die Millionen verteilen und dann die zehnjährige Durststrecke bis zur nächsten Passion überstehen sollen. Beim Verteilen wird nun wohl das Oberlandesgericht helfen müssen.

Eine entsprechende Klage hat jetzt der Gemeinderat beschlossen, weil die Gemeinde mit der Passion 2010 nur gut 35 Millionen Euro Gewinn nach Steuern gemacht hat. Sie sollte von ihren damaligen Vertrags- und Vertriebspartnern aber weitere 2,8 Millionen Euro bekommen, findet Walter Rutz, der als Werkleiter der Gemeinde die Passion 2020 organisiert und für 2010 nachgerechnet hat. Es habe da Zusatzvereinbarungen gegeben, die aus seiner Sicht nicht rechtmäßig seien, sagt Rutz, wobei die Sicht der anderen Seite eine andere ist, sonst bräuchte es ja kein Oberlandesgericht.

Die Räte sind sich aber einig, und obwohl der Beschluss schon vor mehreren Tagen gefasst wurde, haben sie immer noch keinen Rückzieher gemacht. Dafür haben sie ihren Beschluss vom Juni revidiert, keine fixen Pakete aus Tickets, Zimmern und Mahlzeiten mehr zu schnüren. Von 320 000 Arrangements zu je 635 Euro ist die Gemeinde 2010 ein Drittel nicht los geworden, weshalb den Räten für 2020 das Risiko zu groß war. Aber praktischer ist es schon, wenn die Gäste nicht kreuz und quer durch den Ort irren, sondern sich busweise ins Spiel, zum Essen und zum Herrgottsschnitzer manövrieren lassen. Außerdem ist jetzt manchen Hoteliers das Risiko zu groß, ihre damals von den Schweden verwüsteten Zimmer modernisieren zu müssen. Sie bieten ihre Herbergen jetzt billiger an, weshalb die Gemeinde doch wieder Pakete schnürt. Ein Vertriebspartner wird gerade gesucht.

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