Mitten in Bayern:Das Erhalten erhalten

Trachten haben sich in Luafe der Zeit zu einer Tradition gemausert. Ebenso wie die Trachtenerhaltungsvereine. Doch bei den Soiernberglern wäre jüngst fast die Existenz bedroht gewesen

Von Matthias Köpf

Die meisten Gebirgstrachtenerhaltungsvereine sind inzwischen wahrscheinlich um einiges älter als die Gebirgstrachten, zu deren Erhaltung sich ihre Gründungsmitglieder einst vereint haben. Denn das Bayerische Reinheitsgebot für Trachtengewänder stammt erst aus dem 19. Jahrhundert, und die ganze Trachtenbewegung geht im Wesentlichen auf einen königlichen Erlass von 1853 zurück. Nach allem, was man weiß, hat dann der Lehrer Josef Vogl 1883 in Bayrischzell den Anstoß zur Gründung des ersten richtigen Gebirgstrachtenerhaltungsvereins gegeben, weil die kurze Lederhose damals arg aus der Mode geraten war und er sich nicht als einziger eine neue kaufen wollte. So oder so hat die Sache jedenfalls inzwischen Tradition - und muss als solche wiederum selber unbedingt erhalten werden. Und dass sie gefährdet ist, hat sich gerade wieder in Krün im Landkreis Garmisch-Partenkirchen gezeigt.

Dort in Krün heißt der diensthabende Trachtenverein "D'Soiernbergler". Diese Soiernbergler sind, man kann es kaum anders sagen, 2015 zu den Posterboys des ganzen Gebirgstrachtenwesens geworden, und das praktisch weltweit. Denn genau sie mit ihren grauen Jankern, grünen Hüten und stolzen Gamsbärten saßen am Biertisch um den damaligen US-Präsidenten Barack Obama herum, als der vom G-7-Tagungsort Elmau zum Weißwurstfrühstück ins nahe Krün gekommen war. Spott und Skepsis gewisser Grüner und Sozis von wegen "Inszenierung" und "Disneyland" haben sie noch locker weggesteckt, doch jetzt wäre es ihnen kurz vor dem 111. Vereinsjubiläum fast an die Existenz gegangen.

Denn ein Verein braucht einen Vorsitzenden, und der bisherige hatte den Soiernberglern schon vor zwei Jahren gesagt, dass er es nur noch zwei Jahre macht. Die sind jetzt vorbei, nur Nachfolger hatte sich keiner gefunden. In solchen Fällen ist der Bürgermeister gefragt, und Thomas Schwarzenberger, der bestimmt auch schon mit Obama Klartext geredet hat, hat den Soiernberglern gleich deutlich gemacht, was droht: die Auflösung des Vereins. Eineinhalb Stunden soll er den bisherigen Vorstand ins Gebet genommen haben, bis doch noch einer den Vorsitz übernommen hat. Für ein Jahr erhalten sie sich noch.

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