Mit Wildschwein verwechselt:Jäger erschießt jungen Mann

Folgenschwerer Unfall in Oberfranken: Ein Jäger glaubt, ein Wildschwein gesehen zu haben. Dann löst sich ein Schuss - und plötzlich ist ein Mann tot.

Oliver Hollenstein

- In Oberfranken hat ein Jäger in der Nacht zum Samstag einen 26-jährigen Spaziergänger erschossen. Er habe den Mann für ein Wildschwein gehalten, sagte der 51-jährige Jäger der Polizei. Warum der 26-Jährige um fünf Uhr morgens an dem Feld zwischen Schönwald im Landkreis Wunsiedel und der tschechischen Grenze unterwegs war, konnte die Polizei am Sonntag noch nicht sagen. "Wir ermitteln wegen fahrlässiger Tötung, stehen derzeit aber noch ganz am Anfang", sagte eine Sprecherin.

Wildschweine in Rheinland Pfalz auf dem Vormarsch

Eigentlich wollte der Jäger ein Wildschwein schießen - doch er traf einen jungen Mann.

(Foto: dpa)

Die Polizei habe den 26-Jährigen aus dem Nachbarlandkreis Hof unmittelbar vor dem Hochsitz des Jägers gefunden. Er habe auf einem schmalen Grünstreifen gelegen, der den Wald von einem Maisfeld trenne. "Der Jäger hatte das Maisfeld im Blick", sagte die Sprecherin. Bisher sei unklar, ob das Opfer an dem Feld entlang gegangen sei oder aus dem Feld kam. "Wir waren gestern mit Polizeihunden dort und haben versucht, den Weg zu rekonstruieren."

Etwa einen Kilometer entfernt befinde sich eine Gaststätte, zur tschechischen Grenze seien es etwa zwei Kilometer. "Wir wissen nicht, was er mitten in der Nacht in der Gegend wollte. Normalerweise verschlägt es dort niemanden hin." Ein Auto sei bisher nicht gefunden worden. Im Internet verbreitete Informationen, der Mann sei vielleicht auf einer Party gewesen, dementierte die Sprecherin. "Davon wissen wir nichts."

Auch zum Tathergang konnte die Polizei am Sonntag wenig sagen. Der Jäger habe den Mann mit dem Schuss aus seinem Jagdgewehr in die Brust getroffen, hieß es. Ob das Opfer bei dem Schuss tatsächlich nur wenige Meter von dem Hochsitz entfernt war, oder ob der Jäger ihn noch bewegt habe, werde derzeit noch ermittelt, sagte die Polizeisprecherin. Ein Ballistiker habe den Tatort untersucht.

Kollegen soll der Jäger am Wochenende erzählt haben, er habe ein Rascheln im Wald gehört. Gerade als er durch das Fernglas geschaut habe, soll sich der Schuss aus der Waffe gelöst haben, die ungesichert auf seinem Schoß lag, hieß es aus Jägerkreisen. Nach Polizeiangaben hat der Jäger noch versucht, das Opfer wiederzubeleben. Auch der alarmierte Notarzt konnte dem jungen Mann allerdings nicht mehr helfen.

Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln wegen fahrlässiger Tötung gegen den Jäger. "Es gibt derzeit keinen Anhaltspunkt für ein vorsätzliches Tötungsdelikt", sagte die Sprecherin. "Wir gehen von einem tragischen Unfall aus." Der 51-Jährige sei ein erfahrener Jäger aus dem Landkreis und kenne den betroffenen Hochsitz gut. Der Mann sei auf freiem Fuß, es bestehe kein Haftgrund. "Dass es ihm nicht gut geht, nachdem er einen Mann erschossen hat, kann sich wohl jeder vorstellen."

Der Präsident des Bayrischen Jagdverbandes, Jürgen Vocke, schätzte den Vorfall am Sonntag ebenfalls als grobe Fahrlässigkeit ein. "So etwas darf nicht passieren." Der erste Grundsatz in der Ausbildung sei: "Was du nicht kennst, darauf darfst du nicht schießen. Das hämmern wir jedem ein." Zum Glück seien solche Vorfälle aber selten. Zuletzt hatte im November ein Jäger bei Leipzig einen Kollegen erschossen, der ihm bei einer Treibjagd in die Schusslinie gelaufen war.

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