Missstände im Stall:Prozess um Tierquälerei endet mit Geldauflage

Von Stefan Mayr, Augsburg

Die Vorwürfe gegen die Familie des ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministers Josef Ertl (FDP) waren massiv: Die Staatsanwaltschaft Augsburg warf der Witwe und dem Sohn des Politikers Tierquälerei vor, beide hätten die Kühe auf ihrem Bauernhof in Rott (Kreis Landsberg) unter erbärmlichen Verhältnissen gehalten. Die Tiere seien abgemagert gewesen und tief in ihrem eigenen Dreck gestanden. 15 Kühe hätten Schmerzen erlitten, sieben sollen sogar verhungert sein. Das Landratsamt Landsberg nahm der Familie im November 2014 alle 80 Kühe weg. Der juristische Streit um die Zustände auf dem Ertl-Hof dauerte zwei Jahre, am Montag fand er nach einer Prozess-Absprache vor dem Landgericht Augsburg sein Ende. Das Verfahren gegen den 56-jährigen Sohn wurde eingestellt - allerdings muss der Landwirt eine Geldauflage in Höhe von 2000 Euro zahlen und 200 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten.

Das Verfahren gegen die 90-jährige Witwe des Ministers war bereits im November gegen Zahlung einer Auflage von 1500 Euro eingestellt worden. Die Angeklagten hatten vor Gericht stets ihre Unschuld beteuert und die Schuld am schlechten Zustand der Tiere auch auf die Behörden geschoben. Eine Impfung gegen die Blauzungen-Krankheit habe die Tiere geschwächt, und das Trinkwasser sei wegen einer defekten Leitung im Ort verschmutzt. Auch der Anwalt der Familie, Andreas Schwarzer, kritisiert im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung die Behörden: "Früher hat die landwirtschaftliche Verwaltung noch Hilfestellung gegeben, jetzt wird die gesamte Verantwortung auf die Bauern wegdelegiert." Der Amtstierarzt hatte vor Gericht dagegen von 20 Besuchen auf dem Hof berichtet. Mitunter sei die Polizei mitgekommen, da der Angeklagte aggressiv geworden sei.

Das Amtsgericht Landsberg hatte die Ertls im März 2015 zu 8100 Euro Geldstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil legten die Hof-Inhaberin und ihr Sohn Berufung ein. Das Landgericht ging nun nach drei Verhandlungstagen offensichtlich davon aus, dass die Beweise für eine Verurteilung nicht ausreichten - und stellte das Verfahren per Deal ein. Das Tierhalteverbot bleibt bestehen. Nach Angaben ihres Anwaltes wollen die Ertls ohnehin keine Kühe mehr halten. Josef Ertl war von 1969 bis 1983 Bundeslandwirtschaftsminister, er starb im Jahr 2000.

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