Missbrauch im Klinikum Bamberg:"Medizinisch lässt sich alles erklären"

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Er soll zwölf Frauen in der Bamberger Klinik missbraucht haben, nun äußert sich der Anwalt des Chefarztes zu den Vorwürfen. Sein Mandant habe die Frauen lediglich untersucht - mit ganz speziellen Methoden.

Von Katja Auer, Bamberg

Der Bamberger Chefarzt, der zwölf Frauen im Klinikum betäubt und missbraucht haben soll, wehrt sich jetzt gegen die Vorwürfe. Der 48-jährige Gefäßspezialist habe die Frauen lediglich untersucht, "das lässt sich alles medizinisch erklären", sagt sein Rechtsanwalt Dieter Widmann. Das soll der Mediziner auch in Briefen an ehemalige Kollegen dargelegt haben. Dass es diese gibt, bestätigt der Leitende Oberstaatsanwalt Bardo Backert, zum Inhalt würden keine Angaben gemacht. Rechtsanwalt Widmann kritisiert die bisherigen Äußerungen der Staatsanwaltschaft, die einer Vorverurteilung seines Mandanten gleich kämen.

Der Arzt, der als hochdekorierter Experte gilt, soll die Patientinnen zwischen 17 und 28 Jahren demnach überredet haben, an einer Studie teilzunehmen und sie dann mit einem Beruhigungsmittel wehrlos gemacht und missbraucht haben. Die Polizei stellte den Computer des Mannes sicher und fand darauf Fotos vom Intimbereich der Frauen. Eine Million Bilder seien ausgewertet worden. Der Chefarzt wurde Mitte August verhaftet und sitzt seither in Untersuchungshaft.

Bilder nur zur Dokumentation

Zu Unrecht, sagt nun Rechtsanwalt Widmann. Er hat die Verteidigung erst vor ein paar Wochen übernommen und arbeite sich gerade durch die Ermittlungsakten. Und durch die Fotos. Darauf seien tatsächlich die Geschlechtsteile von Frauen zu sehen, sagt er, allerdings um die Untersuchung zu dokumentieren.

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Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich ein Chefarzt am Klinikum Bamberg an zwölf Frauen sexuell vergangen hat. Dazu hat sie mehr als eine Million Bilder ausgewertet, die der Arzt auf seinem Computer hatte.

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Es sei falsch, dass die angeblichen Opfer bei einer Studie mitmachen sollten, stattdessen seien sie alle Patientinnen seines Mandanten gewesen. "Er hat ihnen durchwegs das Leben gerettet", sagt Widmann. Zur Vor- oder Nachsorge von Operationen habe er sie untersucht, auch im Intimbereich, da dort die Auswirkungen einer Thrombose im Becken erkennbar sein könnten. Zudem habe der Arzt eine eigene Methode der Ultraschall-Untersuchung entwickelt, die von der Staatsanwaltschaft ebenfalls als sexueller Missbrauch interpretiert worden sei.

Behandlungen zu ungewöhnlichen Uhrzeiten

Naiv nennt er den Arzt, weil er die meisten Behandlungen alleine und, weil es akut gewesen sei, zu ungewöhnlichen Uhrzeiten durchgeführt habe. Dass er die Frauen betäubt habe, sei ebenfalls nicht richtig, er habe ihnen ein Kontrastmittel verabreicht, das allerdings offenbar Erinnerungslücken verursacht habe. Welches Medikament das ist, müsse noch geklärt werden.

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Er soll die Frauen betäubt, missbraucht und dabei mehr als eine Million Fotos gemacht haben: Der Leiter der Gefäßchirurgie in Bamberg sitzt seit Mitte August in Untersuchungshaft. Seine Kollegen sind schockiert - und staunen über den Fall des angesehenen Mannes.

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Rechtsanwalt Widmann kritisiert, dass bislang nur in eine Richtung ermittelt worden sei. Oberstaatsanwalt Backert dagegen bekräftigt, dass Anklage erhoben werden soll. Es sei ein Gutachten in Auftrag gegeben worden, das klären soll, ob das Vorgehen des Arztes medizinisch zu erklären sei. Bislang gebe es dafür keine Anhaltspunkte. Er warte nun außerdem auf die Stellungnahme des Mediziners. Daran arbeitet Widmann gerade.

© SZ vom 22.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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