Ministerin Haderthauer:Ausländer sollen innerhalb eines Jahres Deutsch lernen

Sozialministerin Christine Haderthauer hält eine Regierungserklärung zur Integration - und legt die Hürden dafür sehr hoch.

Katja Auer

Eigentlich hatte Ministerpräsident Horst Seehofer eine große Rede halten wollen. Über die Empörungskultur in Deutschland. So hatte er es tags zuvor angekündigt. Er werde noch mal klarstellen, wie das gemeint war mit dem Zuwanderungsstopp. Dass er das nämlich überhaupt nicht so gemeint habe, vor ein paar Wochen im Focus-Interview: "Es ist doch klar, dass sich Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen wie aus der Türkei und arabischen Ländern insgesamt schwerer tun." Daraus ziehe er "auf jeden Fall den Schluss, dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen". Das hatte Seehofer gesagt. Was allgemein als Forderung nach einem Zuwanderungsstopp verstanden wurde.

Plenarsitzung im Bayerischen Landtag

Sozialministerin Christine Haderthauer: "Multi-Kulti ist tot".

(Foto: dapd)

Wie auch immer. Seehofer erklärte sich am Donnerstag im Landtag dann doch nicht. Er trat zwar ans Rednerpult - und lobte Sozialministerin Christine Haderthauer - an ihrem 48. Geburtstag - für ihre wunderbare Regierungserklärung zur Integration, die alles beinhaltet habe, was er denke. Es sei also gar nicht nötig, etwas hinzuzufügen oder gar zu ergänzen. Damit hatte er offenbar tags zuvor noch nicht gerechnet.

Es war die erste Regierungserklärung, die jemals im bayerischen Landtag zum Thema Integration gehalten wurde. Haderthauer lobte die Erfolge Bayerns, wo Integration besser gelinge als anderswo - obwohl beispielsweise in München, Nürnberg und Augsburg der Ausländeranteil höher sei als in Berlin.

Bis zum Jahr 2020 werde der Anteil von Migranten an der bayerischen Bevölkerung von derzeit 19 auf 23 Prozent anwachsen. Dennoch: "Multi-Kulti ist tot", sagte Haderthauer und forderte von den Einwanderern ein Bekenntnis zur deutschen Leitkultur. Außerdem sei es nicht zu viel verlangt, innerhalb eines Jahres Deutsch zu lernen. Wer sich nicht integrieren wolle, der müsse mit Sanktionen belegt werden. "Bayern ist deshalb so erfolgreich, weil wir uns nie gescheut haben, Erwartungen an Zuwanderer deutlich zu formulieren."

Um Zwangsehen zu vermeiden, forderte Haderthauer, den Zuzug von Ehepartnern erst mit 21 Jahren zu erlauben. Bisher gilt eine Altersgrenze von 18 Jahren.

Die Opposition fand weniger lobende Wort für die Integrationspolitik der Staatsregierung. Die Erfolge seien vor allem den Zuwanderern selbst zu verdanken, sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher, aber sicherlich nicht der CSU. Über Jahrzehnte habe die Staatsregierung das Thema Integration "ignoriert, ja verweigert", sagte die Grünen-Abgeordnete Renate Ackermann. Bayern sei - im Gegensatz zur CSU-Meinung - immer ein Multi-Kulti-Land gewesen.

Auch Brigitte Meyer von der FDP ist der Ansicht, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. Ackermann forderte mehr Geld für die Kinderbetreuung, damit Integration von klein auf beginnen könne. Hubert Aiwanger, der Fraktionschef der Freien Wähler, sprach sich für kleinere Klassen aus. Wenn mehr als 50 Prozent der Kinder Migranten seien, dürften höchstens 20 Schüler in einer Klasse unterrichtet werden. Die Grenze von 25, wie sie die Staatsregierung vorsieht, reiche nicht aus.

Viel Beifall von der Opposition erhielt der Integrationsbeauftragte Martin Neumeyer - der gehört zur CSU. Er betonte die Bedeutung der Migranten für den Freistaat. "Wir brauchen alle diese Menschen, wir brauchen ihre Potentiale", sagte er. Damit Integration gelingen könne, müssten sich alle beteiligen. Und damit müsse man früh beginnen. Am besten schon im Kreißsaal, sagte Neumeyer.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: