Mindelheim muss zahlen:47.000 Euro für ein fehlendes Schild

Technisches Betriebszentrum der Stadt München, 2013

"Achtung - Fahrradfahrer von rechts" - ein derartiges Schild fehlte an der Unfallstelle in Mindelheim.

(Foto: Catherina Hess)

Knochenbrüche und Krankenhaus: An der Ausfahrt eines Feldwegs ist ein Radfahrer von einem Auto erfasst worden. Weil ein Schild fehlte, muss die Stadt Mindelheim jetzt Schadenersatz zahlen. Das Urteil könnte weitreichende Folgen haben.

Von Stefan Mayr

Die Stadt Mindelheim muss dem Versicherungskonzern Zurich Schadenersatz in Höhe von 47.000 Euro zahlen, weil sie die Kreuzung einer Ortsverbindungsstraße mit einem Feldweg nicht ausreichend ausgeschildert hat. Dies entschied das Oberlandesgericht München am Donnerstag. Das Urteil könnte auch Auswirkungen auf zahlreiche andere Kommunen haben: Sie werden prüfen müssen, ob auf ihren Straßen zusätzliche Verkehrsschilder aufgestellt werden müssen.

Auslöser des viel beachteten Gerichtsverfahrens war ein Unfall aus dem Jahr 2007. Damals war ein Radfahrer aus dem asphaltierten Feldweg in die Ortsverbindungsstraße eingefahren und von einem Auto erfasst worden. Dabei brach er sich mehrere Knochen und verbrachte einige Tage im Krankenhaus. Die Haftpflichtversicherung des Pkw-Lenkers zahlte zunächst etwa 100.000 Euro Behandlungskosten, forderte diese nun aber von der Stadt Mindelheim zurück.

Die Klägerin argumentierte, als Autofahrer müsse man den Feldweg als untergeordnete Straße einordnen, es sei nicht klar ersichtlich, dass es sich um eine Rechts-vor-Links-Kreuzung handele. Zudem sei der Feldweg als Fuß- und Radweg gekennzeichnet und durch ein hohes Maisfeld schlecht einzusehen gewesen. In erster Instanz war die Versicherung vor dem Landgericht Memmingen noch gescheitert.

Stadt muss Krankenhauskosten zur Hälfte erstatten

Doch der Amtshaftungs-Senat des OLG gab dem Unternehmen nun zumindest teilweise recht und verurteilte die Stadt dazu, die Hälfte der Krankenhauskosten zu erstatten. Das Gericht begründete sein Urteil mit der besonderen Gefährdungslage an der Kreuzung - nicht zuletzt, weil auf der Ortsverbindungsstraße Tempo 100 erlaubt war. Die Kommune hätte nach Ansicht des Gerichts entweder eine eindeutige Vorfahrtsregelung ausschildern oder ein geeignetes Gefahrenzeichen anbringen müssen. Weil dies nicht der Fall war, habe die Stadt eine Pflichtverletzung begangen.

Das Gericht betonte bei der Urteilsverkündung allerdings auch, dass die Entscheidung kein Grundsatzurteil darstelle: "Wir haben nach Würdigung aller Umstände nur in diesem Einzelfall entschieden", sagte die Richterin. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, allerdings könnte die Stadt Mindelheim mit einer Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof versuchen, die Entscheidung anzufechten.

Mindelheims Bürgermeister Stephan Winter (CSU) wollte sich am Donnerstag nach dem Urteil zwar noch nicht endgültig festlegen, ließ aber durchblicken, dass er keine große Lust auf eine Nichtzulassungsbeschwerde verspürt: "Ob die Erfolg haben wird, ist sehr unsicher", sagte Winter, "fest steht dagegen, dass zusätzliche Kosten entstehen würden." Die Entscheidung liege letztlich aber bei der Versicherung der Stadt.

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