3000 Menschen auf der Straße:Lautstarker Protest gegen Rechts

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Demonstranten blockieren Neonazi-Aufmärsche in Rosenheim und Fürth, in Neustadt werben Hunderte für Toleranz

Auf Kundgebungen in Rosenheim, Fürth und Neustadt an der Waldnaab haben am Wochenende knapp 3000 Menschen gegen Rassismus und Fremdenhass protestiert. In Rosenheim stellten sie sich einer Demonstration der Partei "Die Rechte" mit 40 Teilnehmern, unter ihnen auch der Neonazi Philipp Hasselbach, entgegen. Auch in Fürth machten sie gegen eine Kundgebung von Neonazis mobil. Die Gegenkundgebungen verliefen weitgehend friedlich. In Rosenheim kam es nach Angaben einer Polizeisprechers zu kleineren Schubsereien und Rangeleien. "Es gab mehrere Festnahmen wegen niederschwelliger Körperverletzung im rechten wie im linken Lager", sagte ein Sprecher, "ansonsten ist alles ruhig geblieben, keine Flaschen, keine Steine."

Die Kundgebung der Partei "Die Rechte" in Rosenheim fand gleichzeitig mit dem Auftakt des Herbstfestes in der Stadt statt. Die Rechtsextremen, die sich auf dem Bahnhofsplatz trafen, wurden von Anbeginn von Gegendemonstranten ausgepfiffen und ausgebuht. Über den Platz schallten laute Rufe wie "Nazis raus!" oder "Nehmt den Nazis die Bayernfahne weg". Gut 500 Menschen blockierten die Neonazis, sodass sie nicht wie ursprünglich geplant durch die Innenstadt zum Salinplatz ziehen konnten. Die Neonazis schafften immer nur wenige Meter. Schließlich leitete die Polizei die Gruppe zurück zum Bahnhof, die Organisatoren der rechten Kundgebung brachen die Veranstaltung ab.

Im Salingarten herrschte derweil entspanntes Woodstock-Flair. Einige hundert Rosenheimer saßen auf der Wiese im Schatten, Kinder und Hunde tollten umher. Bunte Fahnen wehten im Wind und vor der Bühne feierten Rosenheimer in Tracht mit Alt-Linken und jugendlichen Dreadlocks-Trägern. Als Zeichen gegen Rechts hatten sich mehr als 50 Parteien, Verbände und Gruppen in der Stadt zu dem Bündnis "Rosenheim nazifrei" zusammengetan. "Wir wollen bunt und keinesfalls braun und blöd sein", sagte die Verdi-Gewerkschafterin Ingrid Meindl-Winkler. "Wir müssen und wollen offen sein, irgendwann werden die Flüchtlinge unsere Freunde und Nachbarn sein." Die Partei "Die Rechte" hatte ihren ersten bayerischen Kreisverband am 20. April 2014, Hitlers Geburtstag, in München gegründet. Seit Mai hat die Partei, deren Mitglieder laut Verfassungsschutz zum Großteil aus der Neonazi-Szene kommen, auch einen Kreisverband in Rosenheim.

In Fürth hatte das "Fürther Bündnis gegen Rechts" eine große Kundgebung organisiert. Auf ihr demonstrierten nach Polizeiangaben fast 1500 Menschen gegen einen Aufmarsch der Neonazi-Partei "Der III. Weg" mit dem Titel "Asylflut stoppen". Wie in Rosenheim störten die Gegendemonstranten die 50 bis 70 Neonazis mit Sprechchören wie "Haut ab" und "Nazis raus". Auch die Kundgebungen in Fürth verliefen friedlich.

Unter den Gegendemonstranten war auch Oberbürgermeister Thomas Jung. Man könne Nazis in Fürth nicht verhindern, sagte der SPD-Politiker. "Aber eine "funktionierende Stadtgesellschaft muss ihnen entgegentreten". Fürth nehme wöchentlich 30 bis 60 neue Flüchtlinge auf, erklärte Jung und warnte davor, etwa beim Thema Wohnungssuche, Flüchtlinge "gegen Studenten, Geringverdiener oder Zuzügler" auszuspielen. Gerade das Thema Wohnen dürfe man nicht "auf die leichte Schulter" nehmen.

"Neonazis wollen uns in Deutsche und Nichtdeutsche trennen", sagte Anja Schmalzl vom "Fürther Bündnis gegen Rechts". Sie befürchtet, dass "viele aus der Mitte der Gesellschaft auf diesen Zug aufspringen" wollten. Außerdem fühlten sich "regionale Nazitruppen durch die Übergriffe in Heidenau ermutigt".

In der Oberpfälzer Kreisstadt Neustadt an der Waldnaab gingen am Samstagabend 350 Menschen auf die Straße, um gegen Rassismus zu demonstrieren. Zu dem Protestmarsch hatte das Weidener Bündnis "Voice of Refugees - Stimme der Flüchtlinge" aufgerufen. Seit Wochen werde vor allem in den sozialen Netzwerken Stimmung gegen Asylsuchende auch in Neustadt gemacht, sagten die Initiatoren. Vor gut einer Woche hatte es dort in einer Asylbewerberunterkunft ein Feuer gegeben. Die Polizei hält einen Brandanschlag für möglich.

© SZ vom 31.08.2015 / angu, epd, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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