Memmingen:Brisante Post

Allgäu Airport

Der Allgäu Airport leidet seit Jahren unter klammen Kassen. Nun sollen die Bürger entscheiden, ob er erneut mit Steuergeld unterstützt werden soll.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Sieben Wochen vor zwei Bürgerentscheiden über den chronisch klammen Allgäu Airport sorgt eine E-Mail für Aufregung. Darin geht es um die Sanierung von mit Löschschaum verseuchtem Erdreich und die möglicherweise entscheidende Frage: Wer wird das alles bezahlen?

Von Stefan Mayr, Memmingen

Diesen Termin haben sich sowohl die Gegner als auch die Befürworter des Allgäu Airport dick in ihrem Kalender angestrichen. Am 22. November finden in der Stadt Memmingen und im Landkreis Unterallgäu Bürgerentscheide statt. Die Wähler stimmen dann ab, ob Stadt respektive Kreis für jeweils mehr als zwei Millionen Euro nicht benötigte Grundstücke am Rande des Flugplatz-Areals kaufen sollen. Auf diesen sollen Gewerbegebiete errichtet werden. Sie entscheiden dabei auch, ob der chronisch klamme Privatflugplatz vor den Toren Memmingens einmal mehr mit Steuergeld unterstützt werden soll. Der Wahlkampf läuft, und er wird angefacht von einer E-Mail der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima).

Die Bima hatte einst das Areal des aufgelassenen Militärflughafens Memmingerberg an die Betreiber des Allgäu Airports verkauft. Die Verschmutzung wurde durch Feuerwehr-Löschschaum verursacht. Jetzt stellte die Behörde auf Anfrage des Oberallgäuer Kreisrates Michael Finger (ÖDP) per Mail klar: "Zu keinem Zeitpunkt hat die Bima zugesagt, generell ALLE Kosten für Untersuchung und Sanierung einer möglichen vom Flugplatzareal ausgehenden PFC-Belastung zu übernehmen." Dieser Satz löst im Lager der Flughafen-Kritiker verstärkte Betriebsamkeit aus. Sie werfen den Airport-Befürwortern vor, sie hätten exakt das Gegenteil behauptet und damit die Öffentlichkeit getäuscht. Tatsächlich hatten Vertreter des Airports in den politischen Debatten über die umstrittenen Beteiligungen stets den Eindruck erweckt, die Bima werde alle auftretende Altlasten auf eigene Kosten beseitigen lassen. "Allen Kreis- und Stadträten wurde signalisiert, dass die Altlasten kein Problem darstellen", betont der Grünen-Landtagsabgeordnete Ulli Leiner, "aber das ist nicht haltbar." Leiner spricht von einer "mehr als unseriösen Finanzierung des Airports". Die Kommunen und Kreise kaufen ihm zufolge "die Katze im Sack" und subventionieren dadurch auch noch auf illegale Weise das Privatunternehmen Allgäu Airport, dies sei alleine wettbewerbsrechtlich nicht möglich.

Der Unterallgäuer Landrat Hans-Joachim Weirather (Freie Wähler) spricht dagegen von einer "Scheindebatte": "Diese Mail ist für uns nicht relevant, wir haben immer klar gemacht, dass wir die Grundstücke nur kaufen, wenn wir von den Altlasten freigestellt werden." Die Frage nach den Kosten müssten die Kreise und Städte mit dem Verkäufer klären, und das sei der Airport. Auch Flughafengeschäftsführer Ralf Schmid gibt sich gelassen: "Ich mache mir keine Sorgen", dem Verkauf der Grundstücke stehe nichts im Wege.

In den vergangenen Wochen haben sich mehrere Landkreise und Städte bereit erklärt, sich an einer noch zu gründenden Grundbesitzgesellschaft beteiligen. Insgesamt sollen fünf Kreise und drei Städte 8,2 Millionen Euro in die Kassen der Flughafen GmbH spülen. Sie will insgesamt 15,5 Millionen in ihre Infrastruktur investieren. Diese Sanierung gilt als überfällig, um wettbewerbsfähig zu werden.

Fast alle Landräte und Bürgermeister haben ihre Unterstützung zugesagt. Allerdings nur unter der Bedingung, dass sie keine Altlasten-Beseitigung bezahlen müssen. Zerschlägt die E-Mail aus der Bima-Zentrale damit die Geschäftsgrundlage? Ja, sagen die Oberallgäuer Kreisräte Michael Finger (ÖDP) und Christoph Frey (Grüne). Nein, sagen Landrat Weirather und Memmingens Oberbürgermeister Ivo Holzinger (SPD). Beide setzen den Bürgerbegehren ein Ratsbegehren entgegen. "Wir sichern damit die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Allgäu - und damit viele Arbeitsplätze", sagt Holzinger. Die Bürgerinitiative gegen den Grundstücksdeal sieht das ganz anders: Sie will verhindern, dass die öffentliche Hand Millionen in Grundstücke steckt, die "nicht werthaltig" und "überteuert" seien.

Sollten sich die Kritiker am 22. November durchsetzen, müsste sich der Flughafen andere Geldgeber für seine dringend nötige Sanierung suchen. Dieses Unterfangen gilt als überaus schwierig. Der Freistaat hat zwar bereits angekündigt, seinen Zuschuss um 2,2 Millionen zu erhöhen. Aber nur dann, wenn sich die umliegenden Kreise und Städte ebenfalls beteiligen.

Dessen ungeachtet verkündete der Airport am Montag eine positive Nachricht: Von sofort an kann man mit der Fluggesellschaft Intersky auch nach Köln fliegen. Dies ist neben Hamburg und Berlin das dritte innerdeutsche Ziel, so gut angebunden war Memmingen schon lange nicht mehr. Allerdings steht Intersky vor dem Verkauf, es kursieren Berichte, wonach der neue Eigentümer alle drei Verbindungen kappen will. Es bleibt spannend im Allgäu, und das über den 22. November hinaus.

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