Memmingen:Allgäuer Luftsprünge

Memmingen: Seit seiner Eröffnung im Jahr 2007 kommt der Allgäu Airport in Memmingen nicht aus den Miesen heraus.

Seit seiner Eröffnung im Jahr 2007 kommt der Allgäu Airport in Memmingen nicht aus den Miesen heraus.

(Foto: Volker Strohmaier/Allgäu Airport)

Bürger segnen Grundstücksverkauf zur Finanzierung des Memminger Flughafens ab

Von Stefan Mayr, Memmingen

Kurz vor 21 Uhr betreten Ralf Schmid und Klaus Holetschek die Bar Barium am Memminger Bahnhof. Der Geschäftsführer des Allgäu Airports und der CSU-Landtagsabgeordnete werden mit großem Hallo begrüßt. Viel Schulterklopfen, erleichtertes Gelächter, Partystimmung. Hinter dem Tresen flackern auf einer Leinwand die roten und grünen Balken des Bürgerentscheids. Grün für Ja, rot für Nein. Bunt auf Weiß steht es an der Wand: Sowohl in der Stadt Memmingen als auch im Landkreis Unterallgäu ist das Bürgerbegehren der Flughafen-Kritiker gescheitert. Manager Schmid, Politiker Holetschek und ihre Mitstreiter haben den Angriff abgewehrt. Stadt und Kreis dürfen nun wie geplant 4,6 Millionen Euro in Grundstücke auf dem Areal des ehemaligen Bundeswehr-Fliegerhorstes in Memmingerberg investieren.

Dort sollen zwei Gewerbegebiete entstehen, eines im Norden, eines im Süden. Entwickeln und vermarkten soll diese eine Beteiligungsgesellschaft, in die die Städte Kempten, Kaufbeuren, Memmingen sowie die Landkreise Oberallgäu, Ostallgäu, Lindau, Neu-Ulm und Unterallgäu gemeinsam 8,2 Millionen Euro stecken. Für Schmid, Holetschek & Co. ist dieses Konzept die Rettung der chronisch defizitären Airport GmbH. Die Gegner bezeichnen es als "Dauersubventionsgrab".

In Memmingen stimmten 59,6 Prozent der Wähler für eine Unterstützung des Privatunternehmens mit Steuergeld. Im Kreis Unterallgäu war die Entscheidung knapper: Die Stichfrage musste entscheiden, 52,66 Prozent sprachen sich für den Kauf der Grundstücke aus. "Das ist ein tolles Signal, das macht Mut", sagt Geschäftsführer Schmid nach der Auszählung der Stimmen. Auch Memmingens Oberbürgermeister Ivo Holzinger (SPD) ist die Erleichterung anzusehen: "Das ist ein Freudentag für das Allgäu", tönt er. Und CSU-Mann Holetschek ergänzt: "Dieses Ergebnis ist wichtig für die weitere Entwicklung." Gegen halb neun Uhr übermittelt Holetschek seinem Parteikollegen Markus Söder die Siegesbotschaft per SMS. "Gutes Signal", simst der Finanzminister zurück.

Am Montag antwortet Söder auf eine SZ-Anfrage vielsagend: "Das Ergebnis der Bürger ist ein Bekenntnis zum Flughafen. Damit können wir gut weiterarbeiten." Die Airport-Macher und -Unterstützer können jetzt nach der erfolgreichen Abstimmung nicht nur ihre Beschlüsse umsetzen, sie hoffen auch auf mehr. Holetschek bezeichnet das Votum als "großen Schritt" hin zu einer weiteren Unterstützung durch den Freistaat. Er spricht von einer "befristeten Beteiligung" des Freistaates an der Airport GmbH, und dass die drei bayerischen Flughäfen in München, Nürnberg und Memmingen künftig "unter einem gemeinsamen Dach" zusammenarbeiten werden.

OB Holzinger äußert sich noch forscher: "Nach so einem klaren Votum gehe ich davon aus, dass sich der Freistaat beteiligen muss." Wie das genau laufen wird, werde man sehen. Holzinger spricht von einem "absoluten Missverhältnis" in Bayern: An den Flughäfen in München und Nürnberg ist der Freistaat mit 51 respektive 50 Prozent beteiligt, am Airport Memmingen mit null Prozent.

Der Unterallgäuer Landrat Hans-Joachim Weirather (Freie Wähler) räumt ein, er sei angespannter gewesen als bei der jüngsten Landratswahl. Eine Niederlage hätte verheerende Folgen gehabt, sagt er: "Der Allgäuer Zusammenhalt wäre in Gefahr geraten, das wäre sehr unangenehm geworden." So aber begießen sie in der Bar Barium ihren Erfolg und ihre neuen Perspektiven: Man sei stolz auf diesen Schulterschluss, den es in diesem Maße im Allgäu noch nie gegeben habe, heißt es. Tatsächlich ziehen gleich drei Städte und fünf Landkreise an einem Strang, um den Allgäu Airport aus den Miesen zu hieven. Sogar die Kreise Lindau und Neu-Ulm sind dabei - trotz der Entfernung. "Dieses Ja ist ein Ja zum Airport und zur gesamten Region" sagt Manager Schmid, "es ist ein starkes Signal für die heimische Wirtschaft." Die niedrige Wahlbeteiligung (33,15 Prozent in Memmingen, 25,83 Prozent im Unterallgäu) beeinträchtigt die Partystimmung kaum.

Schmid will sich nun sogleich ans Werk machen. Die Gewerbeflächen sollen erschlossen werden, Neuansiedelungen initiiert werden. Zudem kündigt er an, "zügig" den Flughafen auszubauen. Start soll 2016 mit einem neuen Instrumentenlandesystem und einer besseren Landebahnbefeuerung - gemeint sind die Lichter zur Orientierung für die Piloten - sein. 2018 will er fertig sein. Steht der Allgäu Airport, der seit seiner Inbetriebnahme 2007 stets rote Zahlen geschrieben hat, nun vor einer rosigen Zukunft? Die Initiatoren des Bürgerbegehrens bezweifeln das. Sie sprechen von einem "Millionengrab", das mit "Steuersubventionen" gefüllt werde. Die Grundstücks-GmbH werde künftig "mit Argusaugen" beobachtet, verspricht Gerhard Schmalz von der Initiative "Bürger gegen Fluglärm". Das geplante "Subventionsmodell" lasse noch viele Fragen offen. Etwa jene, wer Kosten für Altlastenbeseitigung bezahlen wird müssen.

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