Mehr Weiblichkeit in der CSU:Zwei Frauen, zwei Konzepte, ein Ziel

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Die beiden CSU-Politikerinnen Angelika Niebler und Katrin Poleschner wollen ihre Partei weiblicher machen. Die eine mit Quote, die andere ohne.

Mike Szymanski

Mit seiner schmeichelnden Art kommt CSU-Chef Horst Seehofer bei dieser Frau ganz sicher nicht weiter. Katrin Poleschner, Vizechefin der Jungen Union in Bayern, 26 Jahre alt, ehrgeizig, und nach diesem Auftritt muss man auch noch sagen: frech. Bei der JU-Landesversammlung neulich sagte sie zu Seehofer, er möge es in der Frage einer Frauenquote für die CSU bitte schön nicht auf eine Kampfabstimmung auf dem Parteitag ankommen lassen. Sonst könne er was erleben. Sie zeigte schon mal ihr T-Shirt ins Publikum: "Gegen Quote", stand darauf. Die JU könne kämpfen, sagte sie.

Junge CSU-Frauen wie Katrin Poleschner (li.) wollen aus eigener Kraft etwas werden, die älteren um Angelika Niebler wissen, wie schwierig das ist. (Foto: oh, Seyboldt)

Nicht mal seine Minister trauen sich sonst, Seehofer derart unverhohlen zu drohen. Die junge Frau aus dem Kreis Neu-Ulm schon. Seehofer war beeindruckt. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sie noch an Ort und Stelle zur Vorstandssitzung an diesem Freitag ins CSU-Hauptquartier einzuladen. Die JU-Frau soll mitreden, wenn es darum geht, die CSU weiblicher zu machen.

Auch Angelika Niebler, 47, wird kommen. Die Europaabgeordnete der CSU ist Chefin der Frauen-Union (FU). Die FU-Frauen haben es lange auf die sanfte Tour probiert, die Parteispitze für die Einführung einer Frauenquote zu begeistern. "Frauen sind Gold wert", säuselte Seehofer ihnen vor und versprach, er werde "nicht eher ruhen", als bis das Ziel der CSU-Frauen erreicht sei. An diesem Donnerstag will Niebler ihren Antrag für den Parteitag einreichen. Sie fordert eine Quote von 40 Prozent in den Gremien der Partei. Versprechen hat sie genug gehört.

Zwei Frauen, zwei Konzepte, ein Ziel: Die CSU muss für Frauen attraktiver werden. Bei den Mitgliedern liegt der Frauenanteil bei nur 18 Prozent. Auch bei den Amts- und Mandatsträgern sind die Frauen in der CSU deutlich unterrepräsentiert. Keine andere Partei ist so männlich wie die CSU, aber darauf sind nicht einmal die Männer mehr stolz. Bei den Wahlen kommt die CSU bei Frauen nicht an. Seehofer weiß, dass er endlich etwas tun muss. Er kennt aber auch das Konfliktpotential des Themas Quotenregelung in seiner Partei: "Ich lege Wert darauf, dass wir auf dem Parteitag keinen Scherbenhaufen anrichten", erklärte er unlängst. "Notwendigkeit oder Nötigung" - so wird das Thema Quote in den eigenen Reihen diskutiert.

"Wir wollen 40 Prozent Beteiligung"

An diesem Freitag ist also Frauentag in der CSU-Landesleitung, aber Seehofer braucht mit Blumen nicht zu kommen. Das weiß er selbst. "Es muss etwas Signifikantes passieren", sagt Seehofer der SZ. "Wir müssen eine gemeinsame Lösung finden. Ich möchte, dass wir die Repräsentanz der Frauen deutlich verbessern." Wie erfolgreich die CSU sein wird, hängt maßgeblich von Seehofer ab. Jene Parteien, die sich eine Quote verordnet haben, haben die meisten Frauen in ihren Reihen. Seehofer muss sie wollen.

An der CSU-Basis möchte man sich nicht vorschreiben lassen, wie viele Frauen aufzustellen sind. Und die Quotengegner wie Katrin Poleschner sprechen von einer "Herabwürdigung aller in der CSU aktiven, engagierten Frauen und ihrer Leistung", sollte die Regelung kommen. Das greifen die Männer liebend gerne selbst als Argument auf.

Markus Ferber, CSU-Bezirkschef in Schwaben, beschreibt die Stimmung als äußert verhalten: "Eine strikte Quotierung für alle Gremien hat auf dem Parteitag sicherlich keine Mehrheit." Die Frauen-Union bleibt diesmal trotzdem hart. Angelika Niebler sagt: "Unsere Forderung steht. Wir wollen 40 Prozent Beteiligung." Damit die Männer besser verstehen, worum es ihr geht, greift sie mittlerweile zu sehr eigenwilligen Vergleichen: Die Frauenquote sei so eine Art Brückentechnologie.

Verschiedene Lösungsvorschläge

Nun wird hinter den Kulissen wie beim Atomkompromiss gefeilscht. Mit einem konkreten Ergebnis ist am Freitag noch nicht zu rechnen. Seehofer begreift das Treffen als Auftakt zu einer langen Diskussionsrunde in der CSU, die am Parteitag im Oktober beendet werden soll. Andere sprechen von einem "Orientierungstreffen", was schon verdeutlicht, wie schwierig es sein wird, eine gemeinsame Lösung zu finden. Modelle gibt es verschiedene.

Man könnte von der Schwesterpartei abschauen, wie die CDU das Problem gelöst hat. Dort gibt es eine Quote, Frauen sollen zu einem Drittel beteiligt werden. Aber wird das Ziel im ersten Wahlgang nicht erreicht, fällt die Quote in einem zweiten Wahlgang weg. Für dieses Modell gibt es Sympathien auch unter Quotengegnern. Allerdings liegt der Frauenanteil unter den Mitgliedern der Schwesterpartei trotz dieser Regelung auch nur bei 25 Prozent. Das CDU-Modell hat bestenfalls gesichtswahrenden Charakter, ihre Frauenförderung würde die CSU damit noch lange nicht revolutionieren.

Die CSU-Spitze im Bezirk Oberbayern überlegt, die engen Vorstände der einzelnen Parteigremien zur Hälfte mit Frauen zu besetzen. Das ist noch am einfachsten für die Partei zu schaffen, weil es immer einige engagierte CSU-Frauen gibt. So könnte die Partei rasch erste Erfolge vorweisen. Zusätzlich schlagen die Oberbayern vor, bei der Landesleitung auch ein umfangreiches Programm zur Frauenförderung anzusiedeln, das unter anderem Fortbildungskurse umfassen könnte. Das käme auch den JU-Frauen entgegen, die sich aus eigener Kraft nach oben kämpfen wollen.

© SZ vom 16.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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