Martin Zeil im Gespräch:"Da darf nichts unter den Teppich gekehrt werden"

Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil verlangt Aufklärung von Stoiber über das Landesbank-Debakel.

Annette Ramelsberger.

Wirtschaftsminister Martin Zeil von der FDP streut Salz in die Wunde der CSU: Er fordert immer nachdrücklicher, dass sich der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber zu seiner Verantwortung für die Verluste der Landesbank bekennt - was viele in der CSU für wohlfeil halten. Gleichzeitig ist der nächste Streit schon programmiert.

Martin Zeil im Gespräch: Der bayerische WIrtschaftsminister Zeil fordert vom früheren Ministerpräsidenten Stoiber ein klares Bekenntnis zur Mitverantwortung für das Landesbank-Debakel.

Der bayerische WIrtschaftsminister Zeil fordert vom früheren Ministerpräsidenten Stoiber ein klares Bekenntnis zur Mitverantwortung für das Landesbank-Debakel.

(Foto: Foto: dpa)

SZ: Die CSU hat ihre Wirtschaftskompetenz durch das Landesbank-Debakel nachhaltig verloren. Schön für Sie?

Zeil: Ich habe kein Interesse an einem Koalitionspartner, der nur mit sich selbst beschäftigt ist. Wir tragen als Koalition gemeinsam Verantwortung für Bayern. Aber die Wirtschaftskompetenz wird derzeit eindeutig der FDP zugerechnet. Wir hatten 2009 deshalb auch schöne Zuwächse in der Wählergunst.

SZ: Die CSU wirft Ihnen Scheinheiligkeit vor: Sie haben selbst im Verwaltungsrat der Landesbank einem Millionen-Zuschuss zugestimmt, verlangen aber Konsequenzen von den früher Verantwortlichen. Messen Sie mit zweierlei Maß?

Zeil: Nein. Der Kapitalerhöhung in Höhe von 700 Millionen Euro mussten wir alle zustimmen, damit aus Österreich staatliche Hilfen kamen. Die CSU/FDP-Regierung hat die Situation mit der Landesbank und der Hypo Alpe Adria vorgefunden. Wir räumen die Scherben weg, die die Vorgängerregierungen hinterlassen haben.

SZ: Sie hören sich an, als fühlten Sie sich als Trümmerfrau nach 40 Jahren CSU-Regierung?

Zeil: Die Entscheidung für die Ausweitung des Geschäftsfelds der Landesbank wurde in der Ära Stoiber getroffen. Deshalb muss auch sein Beitrag geklärt werden, auch die Vorgänge in Kroatien.

SZ: Wo er sich angeblich persönlich für den Kauf der Hypo Alpe Adria durch die Landesbank eingesetzt hat.

Zeil: Da darf nichts unter den Teppich gekehrt werden. Was die Vorstände der Landesbank und die Mitglieder des Verwaltungsrats getan haben, ist das eine. Aber es geht auch um politische Verantwortung.

SZ: Was heißt das? Wollen Sie, dass Stoiber Abbitte leistet?

Zeil: Ich erwarte ein klares Wort. Stoiber muss sich zu seiner Mitverantwortung für das Landesbank-Debakel bekennen und zur Aufklärung beitragen.

SZ: Es geht nicht nur um frühere Verantwortung. Nimmt Finanzminister Fahrenschon bei der Aufklärung des Skandals zuviel Rücksicht auf die alten CSU-Granden?

Zeil: Ich bin mit der Arbeit des Kollegen Fahrenschon sehr zufrieden. Er geht das engagiert an, auch wenn nicht immer alles rund gelaufen ist.

SZ: Sie meinen, weil der kritische Bericht der Sonderprüferin Corinna Linner monatelang zurückgehalten wurde?

Zeil: Der Umgang mit dem Bericht wirft Fragen auf. Wenn man die Protokolle liest, ist es sehr ungewöhnlich, dass die Sonderprüferin noch in der Sitzung des Verwaltungsrates ihre Bewertung zurückgezogen und sich zu einer Revision ihrer Beurteilung bereit erklärt hat. Das kann ich bis heute nicht verstehen.

SZ: Sie selbst haben vor dem Linner-Bericht die Sitzung verlassen. Fanden Sie das nicht interessant?

Zeil: Laut Ankündigung handelte es sich um einen vorläufigen Zwischenbericht. Ich musste auf einen lange geplanten Termin. Es war nicht vorhersehbar, dass die Diskussion über den Bericht einen solchen Verlauf nehmen würde.

"Wir haben in den letzten zwölf Monaten keine Fehler gemacht"

SZ: Sie als Verwaltungsratsmitglied kannten doch den Bericht und das Protokoll der Sitzung. Aber auch Sie haben nichts gesagt. Haben nicht auch Sie die Dinge unter der Decke gehalten?

Zeil: Ich habe in der nächsten Sitzung des Verwaltungsrates zu dem Bericht und zum Sitzungsverlauf Fragen gestellt und nachgefasst. Aufgrund der gesetzlichen Schweigepflicht war ich nicht berechtigt, den Bericht zu veröffentlichen.

SZ: Das hat dann die Opposition für Sie erledigt. Ist die CSU/FDP-Regierung nicht längst in den Strudel der Landesbank geraten?

Zeil: Nein. Man darf uns nicht mit denen in einen Topf werfen, die das Schlamassel angerichtet haben. Wir haben in den letzten zwölf Monaten jedenfalls keine Fehler gemacht, die die Situation der Landesbank verschärft haben.

SZ: Die CSU wirft Ihnen vor, sich an den Problemen der Christsozialen mit dem Erbe Stoibers zu weiden.

Zeil: Eine Koalition läuft nie ganz konfliktfrei. Die Erlebnisse mit der Landesbank zeigen, dass die Alleinregierung einer Partei für ein Land nicht erstrebenswert ist. Diese Erkenntnis führt auch zu mehr Stabilität in der Koalition.

SZ: Diese Stabilität war während des Wahlkampfs bedroht. Horst Seehofer und Sie haben sich gegenseitig beharkt. Haben Sie noch Vertrauen in Seehofer?

Zeil: Die FDP war und ist der stabile Faktor in der Koalition. Im Übrigen gebe ich nicht täglich Auskunft über persönliche Befindlichkeiten.

SZ: Das müssen Sie auch nicht täglich tun, jetzt aber schon.

Zeil: Wir arbeiten professionell zusammen und stimmen uns eng ab. In den vergangenen Monaten hatten wir gemeinsam schwierige Probleme zu lösen.

SZ: Das Wort "vertrauensvoll" höre ich nicht.

Zeil: Das müssen Sie überhört haben. Wir arbeiten vertrauensvoll zusammen. Aber eine Koalition ist keine Liebesheirat, sondern ein Zweckbündnis.

SZ: Und die nächsten Streitpunkte stehen an. Die CSU besteht auf dem ausgeglichenen Haushalt. Sie wollen lieber Investitionen und dafür Schulden machen.

Zeil: Für 2009/2010 haben wir uns auf den ausgeglichenen Haushalt geeinigt.

SZ: Und ab 2011 ist dann alles anders?

Zeil: Wir brauchen mehr Bildung, mehr Forschung, damit Bayern nicht zurückfällt. Das muss gezahlt werden. Da sind wir im Wort.

SZ: Also werden Schulden gemacht.

Zeil: Wir streben auch nach 2010 einen ausgeglichenen Haushalt an. Aber Investitionen sind genauso wichtig .

SZ: Auch bei den Staatshilfen für notleidende Unternehmen werden Sie Probleme mit der CSU bekommen.

Zeil: Der Fall Quelle hat gezeigt, dass es nicht zu verantworten war, hier mit staatlichen Bürgschaften zu arbeiten. Ich fühle mich bestätigt in meiner Skepsis. Wir haben dem Massekredit zugestimmt, der erstrangig abgesichert ist. Staatshilfen bekamen nur die Firmen Rosenthal und Knaus-Tabbert - und das unter klaren Bedingungen.

SZ: Im Jahr 2010 werden weitere bayerische Firmen insolvent gehen und nach Hilfe rufen. Kommt es dann zum großen Krach zwischen Seehofer und Zeil?

Zeil: Ich werde an meiner konsequenten Linie festhalten. Staatshilfen gibt es nur in Ausnahmefällen und mit klaren Kriterien. Wir werden keinen politischen Geldregen vom Himmel rieseln lassen. Als Treuhänder der Steuerzahler dürfen wir kein Geld in veraltete Geschäftsmodelle und überkommene Strukturen stecken. Dabei bleibt es.

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