Mädchen jahrelang versteckt:"Noch nie Tageslicht gesehen"

Über sieben Jahre lang hat eine Mutter aus Bayersried ihr Kind versteckt. Die Rettung des Mädchen war purer Zufall.

Im Fall des seit seiner Geburt von der Mutter im eigenen Haus versteckt gehaltenen siebenjährigen Mädchens aus Bayersried sind neue Details bekannt geworden. "So wie wir das sehen, hat die Kleine niemals das Tageslicht gesehen", sagte der Memminger Kripochef Wolfgang Sauter.

Das Zimmer des Mädchens sei bis obenhin voller Unrat vorgefunden worden, ihr Bett sei auf Anhieb gar nicht zu sehen gewesen.

Weder die Kriminalpolizei noch die Staatsanwaltschaft machten bislang Angaben dazu, warum die 46-jährige Mutter ihr Kind niemals ins Freie gelassen und über sieben Jahre versteckt hat.

In Bayersried, einem Ortsteil von Ursberg im schwäbischen Landkreis Günzburg, hieß es laut ddp-Informationen jedoch, dass die Mutter, die ihr Kind angeblich abgöttisch liebe, befürchtete, man könne ihr das Mädchen wegnehmen.

Die Polizei hatte das Schicksal des Mädchens am vergangenen Donnerstag nach vagen Zeugenhinweisen aufgedeckt. Das Mädchen sei nirgendwo behördlich gemeldet und vor seiner Entdeckung nie irgendwo aufgetaucht.

Bürgermeister Ewald Schmid (CSU) versicherte, niemand im Ort habe etwas gewusst. Er kenne die Mutter, die immer sehr schweigsam gewesen sei war und recht zurückgezogen gelebt habe. So etwas habe niemand vermutet.

Inzwischen wurde bekannt, wie das Mädchen nach so langer Zeit überhaupt gefunden worden war. Laut Kripochef Sauter ging bei der Polizei in Krumbach ein Hinweis von einer Frau ein, die nicht in der Gemeinde wohnt. Sie habe angegeben, es könne sein, dass ein Kind in dem Bauernhof versteckt werde.

Das von der Polizei aus einem Bauernhof im schwäbischen Ursberg befreite siebenjährige Mädchen war nach bisherigen Untersuchungen keiner körperlichen Gewalt ausgesetzt.

Es ist aber in seiner Entwicklung deutlich zurückgeblieben. Wie der Memminger Oberstaatsanwalt Johannes Kreuzpointner am Montag auf Anfrage sagte, wird die abschließende ärztliche Beurteilung allerdings noch längere Zeit in Anspruch nehmen.

Die Mutter wurde inzwischen an einem anderen Ort untergebracht, das Mädchen wird in einer Klinik betreut. Die Kriminalpolizei Memmingen ermittelt gegen die Frau wegen Verdachts der Misshandlung von Schutzbefohlenen und Verletzung der Fürsorgepflicht.

"Allerdings lässt sich das Geschehen noch nicht abschließend rechtlich einordnen", sagte Kreuzpointner. Die Frau sei auf freiem Fuß und habe zu den Hintergründen des Dramas "bislang nur Angaben aus dem Stehgrei" gemacht.

Einzelheiten dazu wollte der Anklagevertreter zunächst nicht nennen, "um die weitere Vernehmung nicht zu beeinflussen". Nach Polizeiangaben war das Anwesen, in dem das Kind versteckt gehalten wurde, in einem verwahrlosten Zustand.

Bei Nachbarn um Essen betteln

Unterdessen wurde aus Bobingen bei Augsburg ein weiterer Fall von skandalöser Kindervernachlässigung bekannt. Ein fünfjähriger Bub war dort regelmäßig von morgens bis zum Abend ohne Aufsicht auf der Straße sich selbst überlassen.

Die Eltern sorgten sich laut Anklage vor dem Amtsgericht Augsburg nicht um die Verpflegung des Kindes, das in der Nachbarschaft um Nahrung betteln musste.

Auch bei schlechtem Wetter war der Fünfjährige den ganzen Tag über unzureichend bekleidet im Freien. Das völlig durchnässte Kind suchte oft Schutz bei Nachbarn und bat dort um Aufnahme.

Die zweijährige Schwester des Buben soll zudem vom Vater mit Schlägen misshandelt worden sein. Der 30 Jahre alte Vater und die sechs Jahre jüngere Mutter sind wegen Verletzung der Fürsorgepflicht und vorsätzlicher Körperverletzung angeklagt. Ihnen wurde das Sorgerecht bereits entzogen.

(ddp-bay/dpa)

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