CSU:Söder puzzelt sich sein Kabinett

Winterklausur CSU-Landtagsfraktion

Bis spätestens Ende März will Markus Söder (CSU) sich im Landtag zum Ministerpräsidenten wählen lassen.

(Foto: dpa)
  • Gemäß der Verfassung tritt das bayerische Kabinett zurück, wenn sich Markus Söder zum neuen Ministerpräsident wählen lässt.
  • Viele Abgeordnete fiebern derzeit darauf hin, welche Rolle ihnen im neuen Machtgefüge zufällt.
  • Bislang hat sich Markus Söder hinsichtlich der Personalien aber bedeckt gehalten.

Von Wolfgang Wittl

Den künftigen Ministerpräsidenten des stolzen Freistaates Bayern mit einem Wackeldackel zu vergleichen, wäre wohl ziemlich unangemessen (deshalb soll der Versuch gar nicht unternommen werden). Aber auffällig ist es schon, wie häufig Markus Söder freundlich zurücknicken darf, wenn er wie am Dienstag durch den Landtag läuft und Leuten aus seiner CSU begegnet.

Die Hoffnungen der CSU auf den neuen Spitzenmann ruhen ja nicht nur darauf, dass er die absolute Mehrheit verteidigen soll. Oft sind sie sehr persönlich gefärbt. Beachtlich viele Abgeordnete fiebern darauf hin, welche Rolle ihnen im neuen Machtgefüge zufällt. Reicht es vielleicht sogar für ein Kabinettspöstchen?

Söder hat sich bislang weder in großer noch in kleiner Runde hinreißen lassen, Personalien auszubreiten. Bis spätestens Ende März will er sich im Landtag als Nachfolger von Horst Seehofer zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Das gemäß der Verfassung zurücktretende Kabinett wird er dann neu berufen. Das verschafft Söder Zeit, macht die Aufgabe aber nicht leichter. Wie ein großes Puzzle müsse man sich eine Kabinettsbildung vorstellen, sagen CSU-Politiker, nur dass sich die Teile nie so zusammenfügen, dass am Ende alles passt.

Die Zwänge sind traditionell größer als die Zufriedenheit all derer, die jetzt von einem Spitzenamt träumen. Es gibt ja einiges zu beachten. Die Mischung aus Frauen und Männern, aus erfahren und jung, aus Altbayern, Schwaben und Franken wird auch Söder beschäftigen. Und nicht zuletzt die Grundsatzfrage: Wie viel Aufbruch will er vor der Landtagswahl im Herbst demonstrieren, wie sehr setzt er auf Bewährtes?

Ein großer Personalumbau birgt für Söder in den eigenen Reihen durchaus Risiken. Je mehr Minister und Staatssekretäre er austauscht, desto größer wird die Zahl der Enttäuschten sein. Da wären jene, die aus dem Kabinett fliegen; und diejenigen, die merken, dass sie auch künftig nur in der zweiten Reihe sitzen. Für die Wähler hingegen lässt sich ein Neubeginn am besten an neuen Gesichtern ablesen. Und darauf kommt es Söder vermutlich an: eine eigene Handschrift kenntlich zu machen.

Was ist mit Ilse Aigner?

Als entscheidendes Puzzleteil verstehen sich in der CSU die Oberbayern. Sie verlieren mit Seehofer ihren wichtigsten Mann, Bezirkschefin Ilse Aigner wird sich als Ersatz für den Ministerpräsidenten kaum mit einem Staatssekretär abspeisen lassen. In Oberbayern leben die meisten Wähler, schon 2008 hat die CSU nach dem Sturz von Edmund Stoiber hier ihre absolute Mehrheit verloren. Gut 700 000 Stimmen hat Seehofer als oberbayerischer Listenführer bei der Landtagswahl 2013 geholt. Auch Söder dürfte daran interessiert sein, die Verluste in Grenzen zu halten. Aber wie? Und mit wem?

Aigner, die Söders Aufstieg skeptisch beäugt hat, kommt als mutmaßlicher Listenführerin in Oberbayern eine bedeutsame Rolle zu. Der Wirtschaftsministerin wird ein Interesse am Heimat- und Finanzministerium nachgesagt. Sollte sie darauf bestehen, wird Söder ihr einen Wechsel in sein derzeitiges Haus kaum abschlagen können. Auch die weiteren Minister aus Oberbayern dürften gesetzt sein: Staatskanzleichef Marcel Huber, promovierter Tierarzt, kann sich offenbar mit dem Landwirtschaftsministerium anfreunden, sollte es in der Regierungszentrale für ihn nicht weitergehen.

Die Zahl der ministrablen Frauen ist übersichtlich

Umweltministerin Ulrike Scharf soll sich zwar Sorgen um ihren Job machen, weil sie dem Heimatminister Söder bei der Landesplanung ins Gehege kam, etwa beim Streit um das Riedberger Horn. Trotzdem gilt ihr Verbleib als sehr wahrscheinlich. Die Zahl an ministrablen Frauen wird sogar in der CSU-Fraktion als überschaubar eingeschätzt. Dass in Person von Emilia Müller (Soziales) und Beate Merk (Europa) zwei Ministerinnen auf der Kippe stehen, macht es zwar für Scharf entspannter, nicht aber für Söder.

Als Kandidatin für das Sozialministerium gilt Kerstin Schreyer, die Integrationsbeauftragte der Staatsregierung. Sie würde gleich zwei formale Anforderungen erfüllen: Oberbayerin und weiblich. Auch der Innenexperte Florian Herrmann aus Freising wird in der Fraktion für kabinettstauglich erachtet. Käme er nicht aus Oberbayern, sondern aus einem anderen Bezirk - seine Beförderung wäre wohl Formsache. Aber so? Auch das ist ein Problem in der fein austarierten CSU-Machtstatik: Jeder Landesteil will berücksichtigt werden, nicht immer entscheidet die persönliche Qualifikation über eine Berufung.

In München sollten Kultusminister Ludwig Spaenle und sein Staatssekretär Georg Eisenreich ihren Platz am Kabinettstisch verteidigen, beide sind treue Bündnispartner Söders und haben das im wochenlang tobenden Machtkampf mit Seehofer bewiesen. Andere Münchner haben es da schwerer, allein ihre Namensnennung ruft allergische Reaktionen bei Spaenle und Eisenreich hervor.

Markus Blume gilt als geeignet für das Wirtschaftsressort, wird sich vorerst aber mit einer Karriere unter seinem Förderer Seehofer in der Partei begnügen müssen. Er dürfte zum Generalsekretär aufsteigen, sollte Andreas Scheuer Bundesminister werden. Die mitunter forsche Münchnerin Mechthilde Wittmann muss gegen interne Widerstände sogar um ihren Wiedereinzug in den Landtag kämpfen, obwohl mancher ihr einen Posten im Kabinett zutraut - nicht zuletzt sie selbst.

Die Niederbayern sollten spätestens im Herbst einen neuen Minister haben. Agrarminister Helmut Brunner hat seinen Rückzug angekündigt. Von Söder wird er zwar geschätzt, ob es im März bei einer Weiterbeschäftigung bleibt, ist indes fraglich. Als Listenführer werden die Niederbayern Kultusstaatssekretär Bernd Sibler aufbieten, das könnte für einen Aufstieg reichen. Vielleicht als Schulminister in einem dann wieder getrennten Bildungsressort?

Wer wird Landtagspräsident?

Offen ist auch die Zukunft im repräsentativ wertvollsten Amt nach dem Ministerpräsidenten. Barbara Stamm hat bislang nicht erklärt, ob sie als Landtagspräsidentin weitermachen will. Die Unterfränkin ist nach Seehofer die erfolgreichste Stimmensammlerin der CSU. Sollte Stamm im Herbst aufhören, werden in der CSU gleich mehrere prominente Nachfolger gehandelt: Ilse Aigner, Marcel Huber und auch Innenminister Joachim Herrmann.

Söder bleibt dabei: Er habe niemandem etwas versprochen, nicht mal Albert Füracker, seinem Vertrauten und Staatssekretär. Füracker muss sich freilich die geringsten Sorgen machen. Sein Aufstieg zum Minister ist gewiss, voraussichtlich im Finanzministerium oder zum Staatskanzleichef.

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