Machtkampf in der CSU:Söders Muskelspiele beim Starkbier

"Heute darf ganz offiziell geschmutzelt werden": Mit großer Chuzpe nimmt Markus Söder beim Maibockanstich seinen Ministerpräsidenten in die Mangel. Der Finanzminister macht damit deutlich: Nach der Wahl wird er dem Machtkampf mit Seehofer-Liebling Ilse Aigner nicht ausweichen.

Von Mike Szymanski

Hier regiert Markus Söder schon, hier steht der CSU-Politiker breitbeinig an der Spitze: Das Münchner Hofbräuhaus ist in seiner Hand. Als Finanzminister gehört es ihm. Das Wirtshausvolk jubelt, als er durch den Mittelgang schreitet. Söder hat sich in Tracht geworfen. Es ist der traditionelle Maibock-Anstich, der Kabarettist Django Asül derbleckt gleich die Politiker. Aber hier macht gerade einer klar, wer nicht nur Gastgeber ist, sondern sich auch als Hauptgast sieht.

Es ist Donnerstagabend, man könnte meinen, dies wäre ein Tag für CSU-ler, um ein wenig Demut zu zeigen. Vor ein paar Stunden ist CSU-Fraktionschef Georg Schmid zurückgetreten. Er wurde nicht mehr nach Politik gefragt. Die Leute wollten von ihm nur noch wissen, warum er als Abgeordneter seiner Ehefrau bis zu 5500 Euro für Sekretärsarbeiten bezahlt. Insgesamt 17 CSU-Abgeordnete beschäftigen Ehefrauen oder Kinder. Seit Tagen heißt es: diese Amigos in Bayern.

Die CSU kriegt die Krise. Deshalb hat auch Regierungschef Horst Seehofer für diesen Abend im Hofbräuhaus keine Zeit. Er hat abgesagt. Seehofer hockt in der Staatskanzlei und führt Krisengespräche. Er berät sich mit den stellvertretenden Fraktionschefs wie es weitergehen könnte mit der Fraktion, mit der CSU. Es ist Wahljahr. Es ist eine Katastrophe, jetzt den Fraktionsvorsitzenden zu verlieren. Ein paar Kilometer entfernt, im Hofbräuhaus, breitet Söder derweil die Arme aus und vermittelt den Eindruck: Meine Welt ist in Ordnung.

Es wird ein denkwürdiger Abend im großen Saal. Vor allem Söders Rede dürfte noch lange in Erinnerung bleiben. Es gibt ja Minister, die trauen sich erst dann ihre Meinung zu äußern, wenn sie wissen, wie der Chef über dieses und jenes denkt. Und es gibt Söder, der sich wohl manchmal selbst in Erinnerung rufen muss, wer eigentlich der Chef ist. Jedenfalls muss man schon Chuzpe haben, um an einem Tag wie diesem so den Vorgesetzten in die Mangel zu nehmen. "Heute darf ganz offiziell geschmutzelt werden", ruft Söder. Er spielt damit auf die CSU-Weihnachtsfeier an, bei der Seehofer vor Journalisten über Söder hergezogen hatte. Von "Ehrgeiz zerfressen", sei der Markus, er erlaube sich zu viele "Schmutzeleien". Seither ist das Verhältnis der beiden Machtmenschen zerrüttet. Sie sind zu Gegnern geworden. Auftritte wie an diesem Abend sind auch immer eine Machtdemonstration.

Und Söder lässt die Muskeln spielen. Eigentlich habe er an diesem Abend ja mit Seehofer und Georg Schmid gemeinsam auf der Bühne stehen und ein Lied singen wollen: "Ein Freund, ein guter Freund. . . Der Horst Seehofer und ich haben aber festgestellt: Wir haben keine Freunde."

"Eine Person aus dem Kabinett kommt nicht infrage"

Das Publikum ist schon richtig in Stimmung und nun kommt Söder in Fahrt. "Wir haben überlegt, welches Bier passt denn zu Horst Seehofer?", ruft Söder in den Saal und zählt dann Starkbiersorten auf: Triumphator, Animator. Passt alles nicht. "Wir haben das Bier für unseren Ministerpräsidenten gefunden: ,eiskalt gehopfter Hallodri!'" Söder geht auch auf die Ereignisse des Tages ein und berichtet, warum Seehofer fehlt. Weil er Probleme lösen müsse. Der Ministerpräsident habe ihm gesagt: "Es wird alles ohne mich gut."

Tatsächlich war Söder an diesem Tag als neuer Fraktionschef im Gespräch. Die Fraktion sehnt sich nach dem Debakel mit Schmid nach einem starken Anführer. Söder hatte Interesse. Nach der turbulenten Sitzung des Landtags wegen der Abgeordneten-Jobs hatte er sich am Mittwoch spät abends noch unter die Abgeordneten in der Gaststätte gemischt und viel Zeit für jeden mitgebracht. Söder ist nicht sonderlich beliebt bei den Kollegen, das weiß er, aber er wird wegen seiner Leistungen mittlerweile respektiert. Er sondierte die Lage. Seine Chancen standen nicht schlecht.

Doch einer wollte Söders Wechsel partout nicht: Horst Seehofer.

"Eine Person aus dem Kabinett kommt nicht infrage", sagte Söders Chef am Freitag. "Was ich nicht will und was ich nicht tun werde, ist eine Kabinettsumbildung." Söders Wechsel in die Fraktion hätte nicht nur eine neue Lücke im Finanzministerium hinterlassen, sie hätte auch die Machtbalance innerhalb der CSU verändert. Seehofers Liebling ist im Moment Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner, sie gibt für Seehofer ihre Karriere in Berlin auf und kehrt in die Landespolitik zurück. Zwar sagt Seehofer immer, ihr sei dafür nichts versprochen worden, doch allen ist klar, dass Aigner nach der Wahl im September den Fraktionsvorsitz für sich beanspruchen dürfte. Sie selbst, verlautet aus Parteikreisen, soll sich dafür stark gemacht haben, dass Seehofer noch keine Vorfestlegungen trifft. Schnell drückten die Oberbayern die Ex-Sozialministerin Christa Stewens als Übergangskandidatin durch.

Der Wettstreit um den Fraktionsvorsitz ist damit nur aufgeschoben auf die Zeit nach der Wahl. Söders Auftritt im Hofbräuhaus war eine unverblümte Kampfansage.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: