Machtkampf in der CSU:CSU-Fraktion kritisiert Seehofer - der rüffelt zurück

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Horst Seehofer stört sich weniger an der Kritik an seiner Person sondern eher an der Tatsache, dass sie in seiner Abwesenheit geäußert wurde. (Foto: dpa)
  • CSU-Abgeordnete kritisieren in einer Sitzung, dass Seehofer mit seinen Äußerungen über Ämter für eine überflüssige Personaldebatte in der Partei gesorgt habe.
  • Der Parteichef fehlte in jener Sitzung und rüffelte nun die CSU-Fraktion, dass ohne sein Beisein über ihn gesprochen wurde.
  • Die eigentliche Kernfrage, wie die Fraktion die Trennung von Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt bewertet, spielt dabei keine größere Rolle.

Von Wolfgang Wittl, München

Es dauert ziemlich lange, bis Horst Seehofer am Mittwoch zur Sache kommt. Zwei Stunden läuft die Sitzung der CSU-Landtagsfraktion bereits, ehe der Ministerpräsident und Parteichef das anspricht, worauf fast alle gewartet hatten.

"Das macht man nicht", sagt Seehofer nach Angaben von Teilnehmern. "Das" bedeutet: Sich in Abwesenheit der betreffenden Person zu beschweren, wie es manche Abgeordnete vor einer Woche über Seehofer getan hatten. Sie warfen ihm indirekt vor, Seehofer entfache durch seine Äußerungen zur Trennung von Ministerpräsidentenamt und Parteivorsitz eine überflüssige Personaldebatte in der CSU. Seehofer fehlte in jener Sitzung, aber darüber reden wollte er dann doch.

Seehofers Rüffel löst am Mittwoch eine Debatte in der Fraktion darüber aus, weshalb Inhalte aus internen Sitzungen immer wieder an die Öffentlichkeit gelangen. Seehofer kritisiert auch nicht die Kritik an ihm als solche, sondern die Art, wie sie vorgetragen wurde - ohne sein Beisein. Er verurteilt die "öffentlichen Selbstgespräche", die ihm ein Abgeordneter vorgeworfen hatte. So gehe man nicht miteinander um, schon gar nicht mit dem eigenen Ministerpräsidenten. Aber streitet die CSU wirklich nur über Stilfragen? Oder werden bereits die wahren Kräfteverhältnisse ausgetestet? Und wer im gerade beginnenden Machtpoker zuerst Nerven zeigt?

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Diese Frage gehört zur Partei wie der Knödel zum Schweinebraten. Horst Seehofer erwägt nun wieder die Ämtertrennung. Das ging schon manches Mal gut - und manches nicht.

Von Wolfgang Wittl

In der Fraktion wirkt die Sitzung der vergangenen Woche jedenfalls nach. Die Bandbreite der Erklärungsversuche reicht vom Zwergenaufstand, vom ernsthaften Grummeln bis hin zu bestellten Protesten. Mancher raunt, die Kritik der Hinterbänkler, etwa an den "Selbstgesprächen", habe stark nach Markus Söder geklungen, Seehofers schärfstem Rivalen in der CSU. Auch Söder meldet sich am Mittwoch zu Wort, doch zuerst ist der Chef an der Reihe.

Niemals habe er in dieser Diskussion über Namen oder Personal gesprochen, sondern stets über Strategien, betont Seehofer, bevor er zur Fraktion geht. Vor allen CSU-Gremien, insgesamt fünf Mal, habe er sich ausführlich dazu geäußert. Dann sendet er eine gut getarnte Bosheit an seine Kritiker. "Wenn es schwierig wird, dann gibt es immer Fragen und Erläuterungsbedarf", sagt Seehofer. Könnte auch heißen: Für alle, die es immer noch nicht kapiert haben, erkläre ich es halt ein sechstes Mal.

Vor der Fraktion hört sich das so an: Er, der Parteichef, sei verantwortlich für den Erfolg und die Zukunft der CSU. Seehofer wirbt um Vertrauen für seine Strategie, untermauert seinen Führungsanspruch. Er sei derjenige, der die Richtung vorgebe. Unter den Abgeordneten bleiben trotzdem Fragen. Ob es hilfreich sei, dass die Strategie öffentlich besprochen werde, fragt einer. Andere kritisieren, dass eine Diskussion über Strategien zwangsläufig in eine Personaldebatte münde. Seehofer erwidert, dass er schlecht schweigen könne, wenn Parteimitglieder öffentlich forderten, er selbst müsse nach Berlin gehen.

Und die Kernfrage zur Ämtertrennung? Bleibt offen.

Nun meldet sich auch Söder. Es sei schade, dass die Debatte über die Zukunft die eigentlichen Erfolge der CSU derzeit überlagere, sagt der Finanzminister. Aber wenn der Parteivorsitzende um Vertrauen und Geduld bitte, müsse die Fraktion ihn unterstützen. Ihm falle die Sache mit der Geduld ja selbst nicht immer ganz leicht, sagt Söder nach Berichten von Teilnehmern, doch auch er werde sich darin üben.

Die Kernfrage, wie die Fraktion die Trennung von Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt bewertet, spielt in der Sitzung keine größere Rolle. Zumindest gibt es keinen, der gegen Seehofers Plan aufsteht. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Ilse Aigner befürwortet die Trennung. Es sei wichtig und richtig, wenn der Parteichef künftig in Berlin sitze und mehr Durchschlagskraft habe. Doch auch hier bleiben die Reaktionen verhalten. Der Fraktion ist es wichtiger, generell mehr einbezogen zu werden in strategischen Fragen.

Seehofer bekräftigt, weshalb der Parteichef künftig in Berlin sitzen müsse. Mit vielleicht bald sieben Parteien im Bundestag brauche die CSU eine starke Stimme. Darüber habe er auch mit der Kanzlerin gesprochen, nicht aber übers Personal. Seehofer mahnt die Fraktion, sie müsse sich der Signalwirkung der Bundestagswahl 2017 für die Landtagswahl 2018 bewusst sein. Das werde er auch kommende Woche am Parteitag ansprechen, "aber nicht so, dass es bei Wettbewerbern zu Gegenstrategien führt". Er sei "sehr zufrieden", sagt Seehofer nach der Fraktionssitzung. Dasselbe sagen auch seine Kritiker.

© SZ vom 27.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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