Luftreinhaltung:Städtetag fordert die blaue Plakette

Bayerischer Städtetag mit neuem Vorsitzenden

Kurt Gribl beim ersten Auftritt als neuer Chef des Städtetags.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Kurt Gribl, neuer Chef des kommunalen Spitzenverbandes, ist verärgert über den Dieselskandal. Hersteller sollen die Autos auf ihre Kosten umrüsten

Von Christian Sebald

Der Bayerische Städtetag fordert die blaue Plakette für schadstoffarme Dieselautos. "Wir sind zwar gegen Fahrverbote in unseren Städten", sagte der neue Vorsitzende des kommunalen Spitzenverbands, der Augsburger OB, Kurt Gribl (CSU) am Dienstag in München. "Aber wenn wir gerichtlich dazu gezwungen werden, müssen wir sie umsetzen können." Die einzig sichere Gewähr dafür biete die blaue Plakette für Dieselfahrzeuge, die wirklich die Euro-6-Norm erfüllen. "Nur wenn emissionsarme Autos klar gekennzeichnet sind, lassen sich Fahrverbote und damit die Schadstoffemissionen kontrollierbar verringern", sagte Gribl. Er verglich die blaue Plakette mit einem Erste-Hilfe-Kasten. "Keiner will auf ihn zurückgreifen müssen", sagte er. "Aber in der Not muss man ihn hernehmen können."

Gribl zeigte sich sehr verärgert über den Dieselskandal. "Die Städte stehen bei der Gesundheitsvorsorge für die Bevölkerung in der Pflicht, die Luftreinhaltung muss gewährleistet sein", sagte der CSU-Politiker. "Aber wir Städte haben keine Instrumente, um den Schadstoffausstoß der Autos zu reduzieren." Das sei die Aufgabe der Autohersteller. "Wir hätten die aktuellen Probleme nicht, wenn die Autohersteller tatsächlich die niedrigen Abgaswerte einhalten würden, die sie in ihren Prospekten für die jeweiligen Modell angeben," erklärte Gribl. Für eine bessere Luftqualität müsse man an der Quelle ansetzen. "Die Hersteller müssen ihre Dieselautos jetzt kostenfrei so nachrüsten, dass sie die versprochenen Grenzwerte einhalten", sagte Gribl. "Die Versäumnisse dürfen nicht zulasten der Kommunen und ihrer Bürger gehen."

Mittelfristig setzen die Städte bei der Luftreinhaltung auf Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr. Aber auch hierbei seien die Kommunen auf den Freistaat und den Bund angewiesen. "Wir fordern schon seit Jahren mehr Geld für Busse, Trambahnen, U- und S-Bahnen", sagte Gribl. "Wenn es jetzt vorangehen sollen, brauchen wir Städte mehr Geld dafür." Freistaat und Bund müssten die Zuschüsse stark anheben. Außerdem seien die Fahrzeughersteller gefordert. "Die Industrie muss verstärkt schadstoffarme Nutzfahrzeuge anbieten", sagte Gribl. "Wir Städte können unsere Busflotten, Bauhof-Fahrzeuge, Müllautos und Kehrmaschinen nur elektrifizieren oder auf schadstoffarmen Gasantrieb umstellen, wenn die Hersteller auch die entsprechenden Technologien anbieten."

In der CSU gab es bisher massiven Widerstand gegen die blaue Plakette. Einer ihrer schärfsten Gegner ist Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Der Widerstand ist offenbar im Schwinden. Auf Anregung von Ministerpräsident Horst Seehofer hätten Umweltministerium und Städtetag bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet, sagte Gribl. Sie solle rasch die Anforderungen an die blaue Plakette und die rechtlichen Voraussetzungen für ihre Einführung klären. Klar ist, dass der Bund sie einführen muss, offenbar genügt dafür aber eine einfache Verordnung. "Das ist offenbar nicht so schwierig", sagte Gribl, dem ein guter Kontakt zu Seehofer nachgesagt wird. "Wenn einmal die Voraussetzungen klar sind, gehe ich davon aus, dass auch die bisherigen Widerstände in Berlin verschwinden werden."

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