Linke vor der Landtagswahl:"Huber ist unser bester Wahlkämpfer"

Die Wahlkampf-Strategie des Parteichefs stößt auf Skepsis in den eigenen Reihen - und die Linken jubeln.

Kassian Stroh

Seit CSU-Chef Erwin Huber den politischen Kreuzzug gegen die Linke ausgerufen hat, werde sie plötzlich von Bürgern angesprochen, berichtet Eva Bulling-Schröter, Sprecherin der bayerischen Linken. Der Tenor dieser Fragen: "Irgendwas muss an euch dran sein, wenn die jetzt so auf euch losgehen."

Linke vor der Landtagswahl: CSU-Chef Erwin Huber hat mit seiner Kreuzzug-Rethorik für viel Wirbel gesorgt.

CSU-Chef Erwin Huber hat mit seiner Kreuzzug-Rethorik für viel Wirbel gesorgt.

(Foto: Foto: ddp)

Die Bundestagsabgeordnete Bulling-Schröter ist dem CSU-Chef regelrecht dankbar. Huber bringe die Linke in Bayern erst ins Gespräch. "Ein besseres Wahlgeschenk könnte er uns gar nicht machen. Huber ist unser bester Wahlkämpfer."

Zwischen vier und fünf Prozent pendelte die Linke bisher in den Umfragen, ihr Einzug in den Landtag ist alles andere als sicher. Landespolitisch ist die Linke so gut wie nicht präsent, und das Protestwählerpotential hält sich im wirtschaftlich gesunden Bayern in Grenzen - das war bisher die Lesart der anderen politischen Parteien.

Doch nun fürchtet nicht nur Franz Maget, der SPD-Spitzenkandidat: "Wenn die CSU so weitermacht, steigen die Chancen der Linkspartei. Wenn ich sie dämonisiere, ist die Gefahr größer, dass die Leute sagen: Jetzt wähle ich sie erst recht."

Auch FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil sieht nach eigenem Bekunden "mit Sorge", dass die CSU die Linke "in den Landtag redet". Das sei Kalkül, glaubt Grünen-Fraktionschef Sepp Dürr: "Die CSU hat ein Interesse daran, dass die Linke in den Landtag kommt, weil es dann keine Regierung gegen die CSU geben wird."

Der Chemnitzer Parteienforscher Florian Hartleb, der über die Linken in Bayern promoviert hat, erinnert daran, dass sie noch auf dem letzten Parteitag geklagt hätten, die bayerische Landtagswahl komme für sie viel zu früh. "Nun werden sie plötzlich in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Die CSU stellt der Linken mit ihrer Kampagne ein Sprungbrett in den Landtag auf", analysiert Hartleb.

Auch in der CSU-Führungsetage gibt es deshalb Skepsis über den Kreuzritter-Kurs. Ministerpräsident Günther Beckstein distanzierte sich bereits am Montag dezent und warnte vor einer derartigen Verengung des Wahlkampfs.

Ähnlich argumentiert CSU-Fraktionschef Georg Schmid: Zwar rüttele das Thema Linke "doch jeden im Lande auf" - da müsse man eine harte Auseinandersetzung führen. Erste Priorität müsse im CSU-Wahlkampf aber haben, die eigene Bilanz aufzuzeigen und den Blick nach vorne zu richten. "Nur mit Emotionen zu arbeiten, ist zu wenig." Schmid widersprach der Einschätzung, Panik habe die CSU ergriffen, mit den Worten: Er glaube, die CSU sei "übern Berg".

Einig sind sich SPD, Grüne und FDP, dass sie den Wahlkampf der CSU gegen die Linke für überzogen halten. "Angstbeißen" nennt das Dürr. "Diese schrillen Töne sind völlig unangemessen", sagt Zeil, "die Nerven scheinen blank zu liegen." Maget spricht von der "untersten Schublade dümmlicher Demagogie" und macht die Ursache in "wahren Panikattacken" der Christsozialen aus. "Ich warne dringend davor, Themen der Religion in den Wahlkampf zu ziehen", sagt Maget.

Die Kreuzzüge seien "der Inbegriff von Fundamentalismus und Intoleranz" und in den vergangenen Jahren islamistischen Gotteskriegern vorbehalten gewesen. Da reihe sich Huber nun ein. "Das ist Mittelalter", sagt Maget und blickt zurück: "Stoiber hatte das nie nötig."

Dass diese Strategie der CSU den erhofften Erfolg bringe, bezweifelt Maget: "Das ist so abwegig und fern der bayerischen Lebenswirklichkeit - das mögen die Leute nicht." Hubert Aiwanger, Landeschef der Freien Wähler, wirft der Regierungspartei vor, eine "Schwarz-Weiß-Kampagne aufzuziehen, um von den eigenen Fehlern abzulenken".

Das aber sei für jedermann leicht zu durchschauen. Besonnene und von der CSU enttäuschte Wähler der Mitte könnten nun eher zur FDP wandern, glaubt FDP-Mann Zeil. Und der Grüne Dürr sagt, solche Attacken dürften die generelle Politik-Verdrossenheit noch bestärken.

Die Linke wiederum bezeichnet sich selbst als "Produkt" der Politik der CSU, die eine Politik der sozialen Spaltung betreibe. So formuliert es ihr oberbayerischer Spitzenkandidat Fritz Schmalzbauer in einem offenen Brief an Huber. Und bei aller Freude über dessen Schützenhilfe klagt Bulling-Schröter auch, Hubers Wortwahl vergifte die Stimmung und fördere nicht die Demokratie. Der neu gegründete Linken-Kreisverband Altötting werde deshalb, so kündigt sie an, für die CSU-Oberen eine Kerze stiften, damit der heilige Geist über sie komme.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: